Herr Dr. Haack, Sie sind nun der neue Vorstandsvorsitzende von Bosch Rexroth. Das gibt mehr Entscheidungsmöglichkeiten, aber auch mehr Verantwortung. Was überwiegt im Augenblick und wie gehen Sie damit um?
Besonders in dynamischen Zeiten, wie wir sie derzeit erleben, steht an erster Stelle die Verantwortung für unsere Mitarbeitenden weltweit. Mit dieser Verantwortung gehen Entscheidungen einher, die ich – wie in den letzten Jahren – gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen und stets mit Blick auf den nachhaltigen Erfolg unseres Unternehmens treffe.
Worauf wären Sie besonders stolz, wenn Sie es verwirklichen könnten?
Ganz wichtig ist die digitale Transformation des gesamten Unternehmens – das betrifft unsere Produkte und Lösungen genauso wie unsere Prozesse und Tools oder auch Geschäftsmodelle. Auch die Themen Nachhaltigkeit, die Elektrifizierung mobiler Arbeitsmaschinen und ein Wachstumsprogramm in unserem Fabrikautomationsgeschäft stehen oben auf der Agenda.
Wird sich durch dieses Amt etwas an der VDMA-Arbeit ändern, die Sie im Fachverband Fluidtechnik leisten?
Der Vorstand des Fachverbandes Fluidtechnik im VDMA treibt herstellerübergreifend die Themen Digitalisierung, Bildungswesen und Nachhaltigkeit voran. Aktuell bin ich Leiter der beiden Arbeitsgruppen Digitalisierung und Bildungswesen. Bei der Gruppe Digitalisierung geht es darum, gemeinsame Standards für die Fluidtechnik der Zukunft festzulegen und diese in ECLASS, ISO und IEC zu bringen. Beim Bildungswesen arbeiten wir sehr eng mit den Universitäten und Fachhochschulen zusammen, um in Zukunft wieder mehr gut ausgebildete Ingenieure mit dem notwendigen Fachwissen für die Branche zu gewinnen. Alle Aktivitäten werden wie bisher weitergeführt.
Sie haben mir beim IFK gesagt, Sie sehen sich als Fluidmechatroniker – wird das so bleiben?
Ja, das bleibt meine fachliche Heimat. In der Fluidtechnik ist viel im Wandel, es werden immer mehr mechanische Funktionen durch Software abgebildet. Damit lassen sich zum einen erhebliche Wirkungsgradverbesserungen in den Maschinen erzielen und zum anderen Inbetriebnahme-Zeiten deutlich verkürzen. Bei Bosch Rexroth haben wir neben der Hydraulik auch spannende Produkte und Lösungen im Bereich der Fabrikautomation. Das betrifft beispielsweise die neue Steuerungsplattform ctrlX Automation und Lösungen in der Robotik.
Die Elektrifizierung im Bereich der Mobilhydraulik ist ein großes Thema. Was ist Ihre Antwort darauf?
Wir sind mitten im Geschehen und applizieren mit großen Maschinenbauern bereits Prototypmaschinen. Wir haben dafür ein technisch ausgereiftes, modulares Produktportfolio bis zu einer Leistungsklasse von 200 kW aufgebaut. Die mobilen Arbeitsmaschinen werden immer anspruchsvoller und komplexer: Hier arbeiten wir parallel mit Hochdruck an hilfreichen Assistenz- und Sicherheitsfunktionen.
Welches sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für Anwender im Bereich Industriehydraulik?
Bei den Anwendern der Industriehydraulik fehlt oft das notwendige Wissen rund um die Technologie. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den Zugang zu moderner Fluidtechnik und die Arbeit damit sowohl für die Maschinenbauunternehmen als auch die Anwendenden so einfach wie möglich zu machen. Das betrifft den gesamten Lebenszyklus einer Maschine, von der ersten Idee über die Online-Konfiguration bis zur Inbetriebnahme oder den Service.
Dazu bieten wir ein sehr umfangreiches, oftmals softwaretechnisches Unterstützungsprogramm an. Es umfasst Hilfestellungen zur Fluidauswahl, Auslegungs- und Projektierungshilfen, Simulationen, Schaltplanerstellung, Energieeffizienzermittlung und viele Assistenzfunktionen zur Inbetriebnahme und Optimierung im laufenden Produktionsprozess bis hin zur Wartung und Instandhaltung.
Dr. rer. nat. Steffen Haack
Geboren: 1966 in Sömmerda
Studium: Lehramt für Technik an der Universität Erfurt, Maschinenbau an der Fachhochschule Erfurt
1991 Promotion in der Fluidtechnik an der Universität Erfurt
1992 – 1996 Technischer Leiter Hydraulik / Prokurist, HYMA Hydraulik-Service und Maschinenbau GmbH, Erfurt
1996 – 1999 Gruppenleiter Technischer Branchenvertrieb Hydraulik,
Robert Bosch GmbH, Schwieberdingen
2000 – 2001 Abteilungsleiter Produktmanagement Montagetechnik,
Robert Bosch GmbH, Stuttgart-Feuerbach
2001 – 2002 Projektleiter der Post-Merger-Integration Industriehydraulik, Bosch Rexroth AG, Lohr
2002 – 2004 Bereichsleiter Regionalzentrum Vertrieb Region Ost, Bosch Rexroth AG, Leipzig
2004 – 2007 Bereichsleiter Global Account Management, Bosch Rexroth AG, Lohr
2008 – 2010 Mitglied / Vorsitzender der Geschäftsleitung für ‚Electric Drives and Controls‘, Bosch Rexroth AG, Lohr
2010 – 2012 Mitglied der Geschäftsleitung der Business Unit Industrial Applications, Vertrieb Fabrikautomation,
Bosch Rexroth AG, Lohr
2012 – 2014 Mitglied des Vorstands / Vorstandsvorsitzender Bosch Solar Energy AG, Arnstadt
2017 bis 2021 Leitung Business Unit
Industrial Hydraulics
Seit Januar 2021 als Mitglied des Vorstandes der Bosch Rexroth AG für die Entwicklung zuständig und Leiter des Produktbereichs New Business.
Seit August 2022 Vorstandsvorsitzender der Bosch Rexroth AG