Schulungsraum VDI

Nach VDI 2290 werden die Flanschverbindungnen als ganzes System betrachtet. So müssen unter anderem die Schrauben und deren Anzugsmoment sowie Materialveränderungen berücksichtigt werden.

Für viel Verunsicherung in der Branche hat die VDI-Richtlinie 2290 gesorgt, die seit Juli 2012 Teil des Bundesimmissionsschutzgesetzes ist. In ihr wurden wesentlich höhere Anforderungen an die Dichtigkeit von metallischen Flanschverbindungen in Rohrleitungen mit einer maximalen Betriebstemperatur von 400 °C formuliert. Ziel ist es, diffuse Emissionen zu reduzieren und so die Umwelt zu schonen. Auf den ersten Blick führen die Auflagen der VDI 2290 zu höheren Kosten für die Anlagenbetreiber, auf lange Sicht reduzieren sich die Betriebskosten jedoch. Das sind die Erfahrungen der Garlock GmbH, ein Anbieter von technischen Dichtungen aus Neuss.

Flanschverbindungen als ein System

Erstmals werden in der VDI 2290 Flanschverbindungen als gesamtes System betrachtet. Es reicht nicht mehr, Dichtheitskennwerte für die Dichtung allein nachzuweisen, sondern es müssen unter anderem die Schrauben und deren Anzugsmoment sowie Materialveränderungen des Gesamtsystems bei der jeweiligen Betriebstemperatur und Betriebsdruck mit einbezogen werden.Unter Berücksichtigung dieser Parameter müssen Anlagenbetreiber umfangreiche Berechnungen für jede Flanschverbindung erstellen und nachweisen – nicht nur bei Neuinstallationen, sondern immer dann, wenn ein „alter“ Flansch im Rahmen einer Revision geöffnet wird. Garlock bietet diese Berechnungen nach DIN EN 1591-1 seinen Kunden an. Die normengerechte Vorgehensweise hat eine hohe Rechtssicherheit: Die Dokumentation beinhaltet einen Nachweis der vorgeschriebenen Dichtheitsklasse unter Anwendung eines spezifischen Anzugsmomentes gemäß der VDI 2290.

Dichtungskennwerte für realistische Ergebnisse

Grundlage für die Berechnungen sind die vorher ermittelten Dichtungskennwerte nach DIN EN 13555. So können elasto-plastische Verformungskurven genutzt werden, die realistische Ergebnisse gewährleisten. Sowohl ganze Rohrklassen als auch einzelne Schraubenwerkstoffe und Dichtungsmaterialien können berechnet werden, um die zulässigen Druck- und Temperaturwerte zu überprüfen.

Für Einzelberechnungen von Dichtsituationen oder Mehrfachberechnungen bietet Garlock verschiedene Preismodelle. Häufig ist für eine Schraubennennweite ein identisches Anzugsmoment an unterschiedlichen Flanschen innerhalb einer Rohrklasse ermittelbar. Falls die numerisch-analytischen Verfahren keine ausreichend gute Modellierung erlauben, hat Garlock Finite-Elemente-Analysen, die in einer Computersimulation die Flanschverbindung nachbilden. So erhalten Garlock-Kunden eine detaillierte Auswertung der Berechnungen.

Der Aufwand rechnet sich

Ein häufiges Ergebnis: Aufgrund der verschärften Leckage-Grenzwerte der VDI 2290 müssen Dichtungen jetzt höher verpresst werden oder aber eine bessere Rückfederung haben, um eine höhere Dichtheitsklasse zu erreichen. „Oft vertragen die verwendeten Schrauben allerdings kein höheres Anzugsmoment und müssen gegen höherwertigere Schrauben ausgetauscht werden. Oder es muss eine andere Dichtungsgeometrie mit niedrigeren Vorverpressungswerten gewählt werden“, erklärt ein Anwendungsexperte von Garlock. „Die Dichtungen selbst sind meist in der Lage, die neuen Werte einzuhalten. Und auch die in den meisten Anlagen vorhandenen alten DIN-Flansche können so häufig weiterverwendet werden.“

Die Kosten der aufwendigen Berechnungen werden durch eine wesentlich erhöhte Anlagenverfügbarkeit und reduzierte Wartungskosten bei Weitem aufgewogen. Das zeigen Erfahrungen der Neusser Dichtungsexperten. Der Firmensprecher: „Erste Erfahrungswerte zeigen, dass mit den durchgeführten Berechnungen nach DIN EN 1591-1 die Anlagenverfügbarkeit deutlich erhöht werden kann – bis nahezu 99 Prozent.“

Ralf Kulessa

Autor: Ralf Kulessa, Garlock, www.garlock.de

 

 

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