rauen in Führungspositionen

(Bild: Rido, Fotolia)

Viele Firmengründer wünschen sich zwar, dass ihre Kinder das Unternehmen weiterführen, früher dachten sie dabei aber vor allem an die Söhne. Inzwischen kommen die Töchter häufiger zum Zug. Carina Schlagenhauf ist dafür ein Beispiel. Sie ist seit Ende 2012 Geschäftsführerin bei Power Hydraulik. Für die heute 25-Jährige steht schon früh fest, dass sie nach ihrem Maschinenbau-Studium ins Familienunternehmen wechseln wird. Zuvor will sie jedoch einen Abstecher in eine andere Firma machen, um Erfahrung zu sammeln. Es sollte anders kommen.

Sie ist seit gerade mal zwei Tagen für ein Praktikum bei Delta Power in Chicago, als bei ihrem Vater ein Gehirntumor diagnostiziert wird. Ihre Professoren an der Universität Karlsruhe (KIT) zeigen Verständnis für die Situation der Familie: Als die Studentin im März 2012 aus den USA zurückkehrt, darf sie sich für die Diplomarbeit ein Thema aus der Produktion aussuchen. Sie schreibt die Arbeit im Betrieb. „Das fand ich klasse“, erzählt sie. „Die haben mich echt unterstützt, sodass ich das halbe Jahr schon mit meinem Vater nutzen konnte.“

Carina Schlagenhauf

„Für mich war am Anfang das Wichtigste, dass mein Vater und auch der Mitgesellschafter Roland Dreher das Vertrauen in mich hatten.“
Carina Schlagenhauf, Power Hydraulik

Der Unternehmer tut sein bestes, um die Tochter schnell einzulernen. Er stellt sie Kunden und Lieferanten vor und überlegt mit ihr gemeinsam, welche strategischen Ziele das Unternehmen in Zukunft anstreben soll. „Für mich war am Anfang das Wichtigste, dass mein Vater und auch der Mitgesellschafter Roland Dreher das Vertrauen in mich hatten“, erzählt Carina Schlagenhauf.

Die ersten zwei Monate nach ihrer Diplomarbeit steht ihr Rainer Schlagenhauf als Berater zur Seite, dann zwingt ihn die Krankheit aufzuhören. Im März 2013 stirbt der Unternehmer. Die Geschäftsführerin ist 25 Jahre alt. „Die Mitarbeiter standen hinter mir. Es hatte keiner ein Problem damit, dass ich so jung bin, dass ich eine Frau bin“, schildert sie.

In den Monaten ihres USA-Aufenthaltes haben die Mitarbeiter gelernt, mehr Verantwortung zu übernehmen und sich selbstständig Lösungsvorschläge zu überlegen. Das kommt Carina Schlagenhauf jetzt zugute. Langfristig will sie sich ohnehin mehr auf Strategiethemen konzentrieren. Bei technischen Einzelheiten vertraut sie ihren Leuten: „Wir haben Mitarbeiter, die sind länger dabei, als ich am Leben bin“, erklärt sie. Die Geschäftspartner hingegen beäugen die neue Chefin erst mit Skepsis. „Klar, die fragen sich, ob die jungen Leute es draufhaben“, sagt sie, aber im Gespräch verflögen solche Zweifel. Sie führt dies vor allem darauf zurück, dass sie sich in ihrer Rolle wohl fühlt und dass die Leistungen stimmen.

Lässt sich Leidenschaft für Technik anerziehen? Schlagenhauf verbindet mit Technik schöne Erinnerungen: „Am Samstag haben wir Kinder, also mein Bruder und ich, uns riesig gefreut, wenn der Papa mal Zeit für uns hatte. Dann haben wir meistens an irgendwas rumgeschraubt“, erzählt sie. Die logische Vorgehensweise habe sie schon immer fasziniert. Einer ihrer Puppen wurde das sogar zum Verhängnis: Bei der Plastikdame ließen sich die Füße nicht bewegen. Das war das Mädchen von ihrer zweiten Puppe anders gewohnt. Flugs wurde die Spielzeugfrau zerlegt. „Das hat mich mehr interessiert als damit zu spielen“, erzählt Carina Schlagenhauf lachend.

Als Mädchen schmiedet sie Hufeisen für ihr Pferd

Ingrid Hunger (zweite v.l.)

Ingrid Hunger (zweite v. l.) bei der Einweihungsfeier einer neuen Dichtungsfabrik in Indien.

Ähnlich klischeebrechend berichtet Ingrid Hunger über ihre Schulzeit: Zwar ist sie schon als Kind, „typisch Mädchen“, eine begeisterte Reiterin, wenig prinzessinnenhaft fertigt sie die Hufbeschläge jedoch selbst. „Mit 12, 13 Jahren hat unser Vater uns immer mitgenommen in die Firma und dann mussten wir aus einem Stückchen Stabstahl die Hufeisen schmieden für unsere Pferde“, erzählt sie. Ingrid Hunger und ihre älteren Geschwister Armin und Gisela lernen von klein auf, wie Geld verdienen funktioniert: „Wir haben immer im Betrieb mitgeholfen. Und wenn wir nur die Hallen gekehrt haben. Dafür haben wir dann immer ein bisschen Taschengeld gekriegt“, erinnert sie sich.

Walter Hunger erwartet Fleiß von seinen Kindern. Als die Jüngste 14 Jahre alt ist, beginnt sie auf Wunsch ihrer Eltern eine Ausbildung zum Maschinenschlosser. Anschließend macht sie eine zweite Ausbildung zur Industriekauffrau, während sie gleichzeitig weiter die Schule besucht und das Abitur schreibt. „Es war schon hart“, sagt sie. „Ich stand in der Werkstatt, während sich meine Freundinnen in der Stadt getroffen haben oder ins Schwimmbad gegangen sind.“ Die Schlossertechnik ist ihr Steckenpferd, konzentriert hat sie sich jedoch auf die Betriebswirtschaft. Ingrid Hunger studiert in St. Gallen und bewirbt sich dann bei Bosch in Berlin. Einen Einstieg in die Hunger-Firma plant sie nicht. Denn mit ihren zwei Geschwistern sind ihrer Ansicht nach genug Familienmitglieder im Betrieb.

Als Frau hat sie es auf dem Arbeitsmarkt allerdings schwer. In einem Vorstellungsgespräch für die Revision bei Bosch fragt sie der Personaler beispielsweise, ob sie davon ausgehe, dass ihre Kollegen ihr auf Reisen den Koffer tragen werden. Hunger bricht das Interview ab und geht. Die Selbstständigkeit scheint ihr die bessere Option zu sein. Sie gründet eine Unternehmensberatung.

Zwei Monate später klopft ihr Vater an die Tür: Ihre Schwester Gisela ist aus dem Unternehmen ausgeschieden, um eine Familie zu gründen. Ihr Bruder weilt seit 1985 in den USA und baut dort die Firmenvertretung auf. Für Ingrid Hunger stellt sich die Frage: Jetzt oder nie? „Da bin ich nach Hause gegangen, in die Firma“, erzählt sie. Sie wird nach kurzer Zeit Geschäftsleiterin bei Hunger Dichtungen.

Die Ausnahme zu sein, hat Vorteile

Nach und nach steigt sie bei weiteren Firmen der Gruppe ein. Dass sie eine Frau ist, spielt für Ihre Kollegen keine Rolle. Wenn überhaupt sind es Kunden, die abwertende Bemerkungen fallen lassen. „Es war aber auch nett, die Ausnahme zu sein. Alle kannten mich, beispielsweise auf Fachmessen oder in den Verbänden, in denen ich ein Ehrenamt im Vorstand übernommen habe, was vorher eine reine Männerdömane war“, sagt sie. Heute ist Ingrid Hunger die geschäftsführende Gesellschafterin der Hunger-Gruppe, die aus 13 Firmen und etwa 320 Mitarbeitern besteht.

Aus ihrer Sicht hat sich bei der Gleichberechtigung viel getan: Viele Frauen würden es heute in Führungspositionen schaffen, auch in ihren Unternehmen seien im mittleren Management viele Positionen mit Frauen besetzt.

Ihr eigener Nachfolger wird aber ein Mann sein. Denn ihr Vater hat festgelegt, dass das Unternehmen in der Familie bleiben soll. „Ich habe ja keine Kinder, Familie und Karriere waren damals noch nicht so gut vereinbar“, sagt sie. So wird ihr jüngerer Bruder Jan ihre Nachfolge übernehmen. Aber auch die Söhne Ihrer Geschwister kommen in Frage. Sie verdienen sich bereits die ersten Sporen im Unternehmen.

 

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