Pumpenkooperation,

Grenzüberschreitende Entwicklungskooperation (v. l.): Alois Holenstein (Bühler) und Gerald Schatz (LCM), Bernd Winkler (LCM) und Andreas Plöckinger (LCM) zeigen die Industrieelektronik speziell für Schnellschaltventile und das Cartridge-Logik-Ventil, mit dem die Pumpen der Carat-Maschine (im Hintergrund) intelligent gesteuert werden. (Bild: Wakolbinger/LCM)

Bei jedem zweiten Auto, das weltweit vom Band läuft, sind Leichtbau-Druckgussteile verbaut, die mit Bühler-Technologie hergestellt wurden. Jetzt hat das Unternehmen in einer Entwicklungskooperation mit der Firma Linz Center of Mechatronics (LCM) die Lebensdauer der Pumpen in den Carat-Druckgießmaschinen entscheidend verlängert. Geglückt ist das mit einem verbesserten Druckverlauf im Hydrauliksystem während der Bearbeitungszyklen. Höhere Effizienz und Produktivität sind Nebenwirkungen des System-Updates. Als „Smart Pump Management“ wird die Technologie seit April 2018 in allen neuen Maschinen eingesetzt. Die ersten Exemplare werden derzeit ausgeliefert. In einem halben Jahr will der Anbieter weitere Bewertungen vornehmen. Ältere Maschinen können nachgerüstet werden – binnen vier Stunden.

„Um die Ausfallsicherheit und Lebensdauer unserer Druckgießmaschinen weiter zu erhöhen, haben wir das gesamte Hydrauliksystem auf der Suche nach möglichen Optimierungspotenzialen durchleuchtet“, erklärt Roland Herde, Entwicklungsingenieur bei Bühler. Fündig geworden ist man vor allem dank der Kooperation mit LCM. Schritt für Schritt haben die Linzer Hydraulikexperten die relevanten Prozesse und die dokumentierten Ausfälle analysiert und simuliert. Während dieser dreimonatigen Projektphase fanden die LCM-Entwickler schließlich einen konkreten Ansatzpunkt für eine Prozessverbesserung. „Wir hatten schon ziemlich früh vermutet, dass die hohen Druckanstiegsgeschwindigkeiten insbesondere für die Hydraulikpumpen eine enorme Belastung sind“, erklärt Bernd Winkler, Business Area Manager Drives bei LCM.

Drohende Filmrisse verhindern

Pumpen-Management-System,
Das Pumpen-Management-System regelt das Öffnungsverhalten des dargestellten Logikventils sensibel, um die Hydraulik-Komponenten zu schonen. (Bild: Wakolbinger/LCM)

Endgültige Gewissheit lieferten schließlich ein Data-Logging und Tests am eigens bei LCM aufgebauten Prüfstand. „Wenn man bedenkt, dass innerhalb von 50 Millisekunden der Druck von fünf auf 200 bar emporschnellt, ist das für alle Hydraulik-Komponenten eine enorme Belastung“, konkretisiert Winkler. Bei diesen Druckraten kann selbst ein Riss des Schmierfilms beziehungsweise auch Kavitation – und damit eine extrem hohe Beanspruchung der Pumpenmechanik – nicht ausgeschlossen werden.

„Unser Ziel war es daher, die Schaltraten zu drosseln ohne dabei die Zykluszeiten für die Produktion zu erhöhen“, präzisiert Andreas Plöckinger. Der LCM-Entwicklungsingenieur und Team-Leiter „Hydraulische Antriebe“ startete mit seinen Mitarbeitern im November 2016 die zweite Projektphase mit Vorversuchen. Dafür wurde ein Prüfstand für das Carat-Hydrauliksystem im hauseigenen Labor aufgebaut, um mit fünf unterschiedlichen Ventilvarianten die ideale Systemkonfiguration für die Steuerung zu entwickeln. Begleitet wurde dies von ausführlichen Messungen.

Feuerprobe in der Praxis

„Es ist uns in vergleichsweise kurzer Zeit gelungen, mit Proportionaldruckregelventilen und einer speziell entwickelten Steuerungssoftware den hydraulischen Druck etwas dosierter auf- und abzubauen und so die Belastung für die gesamten Hydraulikkomponenten zu reduzieren“, berichtet Plöckinger. Die erste Generalprobe für die Entwicklung erfolgte schließlich im Februar 2017 am Hydraulikprüfstand im Bühler-Werk in Uzwil.

Die Feuerprobe bestand das von LCM entwickelte Update schließlich im Praxistext bei einem Industriekunden, der komplexe Leichtbau-Komponenten für die Automobilbranche fertigt. „Wir haben uns dort mit drei Carat-Pilotmaschinen, die mit unserem System ausgestattet waren, unmittelbar in den laufenden Produktionsprozess integriert. Damit haben wir die Pumpen über unsere Blackbox – eine Industrie-SPS – direkt angesteuert und auch die Messungen inklusive Auswertungen entsprechend durchgeführt. Dass unser System in der Produktion ohne Probleme laufen musste, war uns von Anfang an klar“, erinnert sich LCM-Entwicklungsingenieur Plöckinger.

Diese gemeinsamen Feldeinsätze seien symbolisch für die hervorragende Zusammenarbeit mit LCM, betont Michael Cinelli, Team Leader Product Life Cycle Management R&D bei Bühler. „Dabei wurde zum Teil bis in die späten Abendstunden oder an Sonntagen gearbeitet.“

Umbauten im Albert-Handtmann-Metallgusswerk

Auf Basis der Erkenntnisse, die bei den Feldeinsätzen aus Messungen und Data-Loggings gewonnenen wurden, arbeiteten die Unternehmen danach bereits an der Serienüberleitung des Systems. Nach der Auswahl geeigneter Ansteuerhardware samt entsprechender Tests, der Integration des LCM-Codes in die Bühler-Software und der Verifikation des Gesamtsystems am Prüfstand erfolgte im Herbst 2017 der wichtigste Meilenstein: die Serienumsetzung.

„Nachdem wir im Oktober 2017 bei einem jahrelangen Kunden eine Pilotanlage erfolgreich in Betrieb genommen hatten, stand der Serienumsetzung praktisch nichts mehr im Wege“, unterstreicht Entwicklungsingenieur Roland Herde. „Einen der ersten optimierten Serien-Umbauten haben wir gemeinsam mit LCM beim Albert Handtmann Metallgusswerk in Biberach/Riss gemacht.“ Handtmann, führt Herde aus, sei ein langjähriger Kunde. Das Unternehmen lege Wert auf Energie-Effizienz und hohe Lebensdauer.

Seit April 2018 sind nunmehr alle neu produzierten Carat-Modelle serienmäßig mit dem neuen Pumpen-Management-System ausgestattet. „LCM hat nicht nur durch immenses Know-how in den Bereichen Hydraulik, Regelungstechnik und numerischer Simulation von Anfang an überzeugt, sondern auch dazu beigetragen, unseren Kunden einen echten Mehrwert zu schaffen“, resümiert Michael Cinelli.

Das Unternehmen bietet eine Aufrüstung aller ab 2007 erzeugten Carat-Druckgießmaschinen an. „Die Montage des Smart Pump Management Systems mit integrierter Proportionalventiltechnik, elektrischen Anschlusskabeln und einem smarten Softwarepaket, das den optimierten Druckverlauf im Hydrauliksystem sicherstellt, dauert übrigens nur drei bis vier Stunden“, so Herde.

Entsprechend groß ist das Interesse der Betreiber: Nach Angaben des Herstellers waren Ende Januar von den 523 Carat-Maschinen im Feld (mit Standard-Antriebsgruppe) bei 119 Maschinen das Pumpen-System serienmäßig installiert, der Retrofit durchgeführt (bei mehr als 50 Maschinen) oder der Retrofit „in progress“. Das entspricht in etwa einem Viertel der im Feld befindlichen Maschinen. do

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