Trotz all dieser Vorzüge haben Hydraulikantriebe bis heute mit dem Ruf einer groben, lauten und schwerfälligen Antriebstechnik zu kämpfen. Doch die Branche durchläuft seit einiger Zeit einen Technologiewandel und etabliert sich längst bei den entsprechenden Anwendungen als smarte Antriebslösung auf Augenhöhe. „Durch den Einzug von Elektronik sind hydraulische Anlagen heute genauso einfach in Betrieb zu nehmen wie elektromechanische Antriebe. Der Markt gibt hier eine enorme Entwicklungs- und Umsetzungsgeschwindigkeit vor“, sagt Dr. Steffen Haack, Mitglied des Vorstands mit Zuständigkeit für die Business Unit Industrial Applications und Koordination Vertrieb bei Bosch Rexroth. Zukünftig würden auch neue Motorsteuerungskonzepte für Systeme mit Sekundärregelung an Bedeutung gewinnen. Dadurch erschließen sich Möglichkeiten für hochdynamische, energieeffiziente und damit zukunftsfähige Antriebe. „Das Zukunftspotenzial intelligenter und vernetzter Hydraulik ist nicht auf bestimmte Branchen begrenzt. Ob für Kunststoffmaschinen oder einzelne Schaufelradbagger: Am Ende zählen für den Nutzer einer Maschine oder Anlage höchst mögliche Zuverlässigkeit und maximale Verfügbarkeit“, betont Haack.
Janfried A. Tirre, als CSO bei Linde Hydraulics verantwortlich für Vertrieb, Marketing und Anwendungstechnik, ergänzt: „Innovationen sind in der Branche vor allem kundengetrieben und weniger durch politische oder normative Vorgaben bestimmt. Anwender fordern immer höhere Leistungsdichte, das heißt maximale Druckkapazität und Drehzahlregelbarkeit bei kompakter Bauform sowie weitere Wirkungsgradverbesserungen der hydrostatischen Einheiten.“ Dr. Steffen Appel, als COO bei Linde Hydraulics verantwortlich für Entwicklung, Produktion und Einkauf, begründet dies mit einem Beispiel: „Ein Radlader legt heute die Strecke zur Baustelle selbst zurück und wird nicht mehr ausschließlich auf dem Anhänger transportiert. Dazu muss er Endgeschwindigkeiten von 40 bis 60 km/h erreichen, obwohl er auf der Baustelle wesentlich langsamer unterwegs ist. Die hohe Zugkraft im Arbeitsmodus bedingt hier ein hohes Übersetzungsverhältnis. Um diesen Spagat zwischen Drehzahl, Drehmoment und Dynamik zu meistern, schließt Linde Hydraulics mit der Entwicklung von Schrägachsenmotoren eine Lücke im Produktportfolio. Auf der Bauma 2016 haben wir dies vorgestellt.“
Clemens Dörflinger, Product Manager Internal Gear Units bei Bucher Hydraulics sieht Wachstumsmärkte vor allem in den Mehrquadranten-Anwendungen. Diese linearen Antriebe erzeugen ihre Hydraulikenergie direkt am Aktuator, sind aufgrund der Forderung nach variabler Aktuatorgeschwindigkeit Frequenzumrichter-gesteuert und können Bremsenergie zurückspeisen. Damit entfallen Hydraulik-Verbindungsschläuche zwischen Zugmaschine und gezogenem Fahrzeug zugunsten elektrischer Verbindungen, und die Hydraulikenergie wird direkt am Aktuator (z.B. Zylinder) erzeugt. „Die bisherige Zentralversorgungstechnik wird so durch dezentrale Versorgungstechnik ersetzt“, sagt Dörflinger.