Einsatzumgebung,

Je nach Einsatzumgebung trat an der Dichtungsstelle bei einigen Systemen jedoch ein Problem auf. (Bild: Gerald Klein)

Elektro-Dampferzeuger werden in vielen Industriebereichen eingesetzt, so auch in der Lebensmittel- und Genussmittelindustrie. Beim Elektro-Dampferzeuger erhitzen und verdampfen elektrisch betriebene Heizelemente enthärtetes Wasser, das eine Speisewasserpumpe vom Tank oder direkt aus der Leitung in den Druckbehälter fördert.

Flanschplatte,
Bisher hat Dino an der Flanschplatte eine Faserweichstoffdichtung mit Graphit als Füllstoff eingesetzt. (Bild: Gerald Klein)

Bei Systemen des Herstellers Dino regelt eine Wasserstandselektronik mit Hilfe von Füllstandselektroden oder einem Schwimmerschalter den Wasserstand im Druckbehälter, das Schalten der Heizung und schützt die Heizelemente vor Beschädigung bei eventuellen Funktionsstörungen. Der Dampfdruck wird am Manometer angezeigt, wobei ein Druckwächter bei Erreichen von 500 kPa (5 bar) die Heizung aus- und bei 450 kPa (4,5 bar) wieder einschaltet. Der Dampf wird am Dampfabsperrventil entnommen, ein Sicherheitsventil verhindert Überdruck. Anfallendes Kondensat der Dampfleitung und der Verbraucher kann am Kondensateingang des Wärmetauschers wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden.

Die komplette Einheit der Heizelemente wird durch einen Flansch mit dem Druckbehälter verbunden. Die Innenflächen von Flansch und seiner Abdichtung stehen in Kontakt mit überhitztem Wasserdampf in 100 prozentiger Sättigung, bei 160 °C und 5 bar Druck. Bisher hat Dino an der Flanschplatte eine Faserweichstoffdichtung mit Graphit als Füllstoff eingesetzt. Mit einer Dicke von zwei Millimeter in der Ausführung „FullFace“ wies sie eine Dichtungsfläche von 28.888 mm² auf und erreichte bei 80 Prozent Schraubenausnutzung eine Flächenpressung von 15 MPa. Je nach Einsatzumgebung und tendenziell bei Lastwechseln an den Dampferzeugern trat an dieser Stelle bei einigen Systemen jedoch ein Problem auf.

Lädt ...

Temperaturwechsel beanspruchen Dichtungen

Zeichnung Flanschdichtung,
Mit einem alternativen Flanschdichtungswerkstoff und einem Innenbrödel werden Leckagen vermieden. (Bild: Dino)

Da die eingesetzten Dichtungen über die Zeit aushärten, es durch Temperaturwechsel zu Materialausdehnungen und in der Folge zu Relativbewegungen zwischen Behälter und Heizelementträger kommt, kann die Dichtung diese Verformungen irgendwann nicht mehr mitleisten – es treten an der Flanschplatte Undichtigkeiten auf, die bei 160 °C und 5 bar Dampfdruck sehr gefährlich werden können, unabhängig vom verlorenen Dampfvolumen. Folge war, dass ein Monteur vor Ort beim Kunden die fehlerhaften Dichtungen austauschen musste, was zu hohen Montage- und Reisekosten führte. Der Geschäftsführer und Inhaber von Dino, Kurt Nobel, suchte einen Weg, um diese Problematik dauerhaft zu lösen und wurde auf das Unternehmen Klinger aufmerksam. Die Dichtungsfachleute schlugen vor, einen alternativen Flachdichtungswerkstoff zu verwenden, der nicht aushärtet und ihn zusätzlich mit Innenbördel auszurüsten. Parallel sollte durch Berechnung mit dem hauseigenen Programm die Geometrie der Dichtung verändert werden, resultierend in einer Verringerung der Dichtfläche, um eine höhere Flächenpressung bei gleicher Schraubenkraft zu erzielen.

Da Graphitdichtungen, im Gegensatz zu Faserdichtungen, keine organischen Bindemittel enthalten, verändern sie ihre Eigenschaften im gesamten Temperatureinsatzbereich nicht, sie weisen kein Verhärten und Verspröden auf. Mit Klinger graphit PSM steht ein in der Praxis erprobtes Graphitlaminat mit einer 0,1 Millimeter dicken Spiessblech-Edelstahleinlage für den Temperaturbereich von -200 °C bis 450 °C zur Verfügung. Es wird bevorzugt bei Heißwasser und Wasserdampf eingesetzt und ist in den Standarddicken 0,8 Millimeter, 1,0 Millimeter, 1,5 Millimeter, 2,0 Millimeter und 3,0 Millimeter verfügbar.

Mehr zum Thema Dichtungen finden Sie hier in unserem exklusiven Special. Themen sind hier unter anderem: "Was Konstrukteure über Dichtungen wissen müssen", "Forschen, bis die Maschine dicht hält" und "9 Tipps, wie Sie die häufigsten Dichtungssünden vermeiden".

Spannende Trends erfahren Sie aus unserer fluid-Expertenrunde zum Thema Dichtungen.

Mehr Sicherheit mit Innenbördel

Zeichnung,
Nur das Dichtungsmaterial musste geändert werden. An den Schrauben etc. und deren Anordnung änderte sich nichts. (Bild: Dino)

Die neue Auslegung der Dichtung in Ausführung „Raised Face“ hat eine nominelle Dicke bei zwei Millimeter, während die Dichtungsfläche um mehr als 45 Prozent auf 15.700 mm² reduziert ist. Damit wird bei 80 Prozent Schraubenausnutzung eine effektive Flächenpressung von 29 MPa erreicht, fast eine Verdopplung des ursprünglichen Wertes. Zur weiteren Erhöhung der Sicherheit ist die Dichtung mit einer metallischen Innenrandeinfassung, einem sogenannten „Innenbördel“, kombiniert. Der Innenbördel wird nach dem Ausstanzen des Dichtungsringes mit einem separaten Werkzeug eingebracht. Er besteht aus einem ca. 0,10 bis 0,15 Millimeter dünnen Blech und ist im Normalfall aus Edelstahl. So schützt man den Dichtungswerkstoff vor aggressiven Medien und Herausdrücken sowie das Medium vor Verunreinigungen durch herausgelöste Dichtungsbestandteile. Außerdem verbessert der Innenbördel die Gasdichtheit bei porösen Dichtungswerkstoffen.

Eine solche Dichtung kann im Lebensmittelkontakt eingesetzt werden und eignet sich für die dort üblichen Reinigungsprozesse. Die Vorgehensweise von Klinger zur Problemlösung hat Kurt Nobel überzeugt und positiv überrascht: „Obwohl wir unsere Flachdichtungen indirekt über den Technischen Handel hier in Bremen beziehen, ist ein Fachmann von Klinger zu uns in den Norden gekommen, damit wir gemeinsam das Problem lösen.“ Neben der jetzt dauerhaft verlässlichen Dichtung im Flansch, hat das Unternehmen im zweiten Schritt Mitarbeiter zu einer Dichtungsschulung zu Klinger nach Idstein geschickt, um zukünftig mehr Know-how für die im Prinzip kleine, aber doch systemwichtige Schnittstelle im Unternehmen zu haben.

Fazit

Der Einfluss von Dichtungen auf das Gesamtsystem wird häufig unterschätzt. Vielfach geht es nur darum, „am Anfang dicht zu sein“ und dies möglichst günstig zu bewerkstelligen. Für Anbieter von Qualitätsprodukten stellt sich jedoch die Frage, ob es ein besserer Ansatz ist, sogar das Bauteil „Dichtung“ als relevant für die Qualität und Langlebigkeit anzusehen. So kann bereits beim Konstruieren einer technischen Lösung durch die Zusammenarbeit mit Spezialisten das zur Aufgabe passende und geometrisch optimierte Dichtungsmaterial gefunden werden. Mag sein, dass die individuelle Dichtung ein paar Cent teurer ist, durch Vermeidung von Folgekosten und Ärger beim Endkunden rechnet sich diese Investition jedoch über die Zeit. hei

 

Diese Themen interessieren Sie? Mit unserem wöchentlichen fluid-Newsletter sind Sie immer auf dem Laufenden.

Sie möchten gerne weiterlesen?