Frank Jung

„Das wirkungsvollste Mittel ist, die Hydraulikfilter, die ja das komplette Öl einer Anlage ‚sehen‘, durch speziell optimierte Versionen zu ersetzen.“ Frank Jung, Hydac Filter Systems. (Bild: Hydac)

fluid: Herr Jung, ist die elektrostatische Aufladung weniger gut leitendender Hydraulik- und Schmieröle wirklich gefährlich?

Da Anlagen in der Regel geerdet sind, besteht keine unmittelbare persönliche Gefahr. Die Aufladungen entstehen durch Strömungsvorgänge, und die Ladungsträger werden durch das Fluid transportiert. Funkenentladungen treten dann meist in den Tanks, an den Filterelementen, aber auch zum Beispiel an Ventilen auf. Dadurch können diese geschädigt werden.

fluid: Woher weiß nun ein Instandhalter, ob der Ölhersteller ein gut oder schlecht leitendes Basisöl einsetzt?

Der Instandhalter hat wenige Möglichkeiten. Er sollte zunächst im Sicherheits- oder im technischen Datenblatt nachschauen. Falls dort keine Angabe vorhanden ist, muss er beim Hersteller nachfragen. Eine exakte Information kann er in der Regel nur erhalten, wenn er die Leitfähigkeit einer Ölprobe im Labor analysieren lässt.

fluid: Wie kann man erkennen, ob eine elektrostatische Aufladung in einer Anlage vorhanden ist? Gibt es bestimmte Anzeichen?

Wenn die Aufladungen so stark sind, dass es zu Funkenentladungen kommt, kann man dies im Betrieb der Anlage oft hören und auch sehen, zum Beispiel im Tank. Aber auch beim Service können defekte Elektroventile, durchgeschlagene Hydraulikfilterelemente und Ähnliches Indizien für Elektrostatik-Probleme sein.

fluid: Mit welchen konstruktiven Maßnahmen können die Nachteile einer schlechteren Leitfähigkeit eines Hydrauliköls behoben werden?

Anlagen sind meist komplex, und die Strömungsvorgänge und Materialpaarungen können nicht konstruktiv aufeinander abgestimmt werden. Daher ist das wirkungsvollste Mittel, die Hydraulikfilter, die ja das komplette Öl einer Anlage „sehen“, durch speziell optimierte Versionen zu ersetzen beziehungsweise von Anfang an einzusetzen. Hydac hat hierzu extra die „Stat-Free“-Elementserie entwickelt und im Programm.

fluid: Filter werden in einer Hydraulikanlage eingesetzt, um Verschmutzungen aus dem System herauszuholen. Müssen mit einem Stat-Free Filterelement dabei Abstriche hingenommen werden?

Absolut gar nicht.

fluid: Ist die Information über elektrische Leitfähigkeit bei der Verwendung eines Stat-Free Filters überhaupt noch notwendig?

Für den Instandhalter ist es natürlich immer von sinnvoll, die Parameter seiner Öle zu kennen. Beim Einsatz der Stat-Free Filterelemente kann er aber auch ohne die Leitfähigkeitsinformation sicher Probleme mit Elektrostatik ausschließen.

fluid: Ein anderes Problem der ASTM zwei und drei Grundöle ist ja das veränderte Alterungsverhalten. Es können gel- oder lackartige Überzüge an Hydraulikkomponenten auftreten, dem sogenannten Varnish. Hilft auch hier der Stat-Free Filter?

Nein. Hierzu benötigt man Wirkmechanismen, die diese, in der Regel polaren Ablagerungen wirkungsvoll abscheiden.

fluid: Die Gefahr von Varnish ist ja bei Hydraulikölen der Basis ASTM zwei und drei permanent vorhanden. Ist da nicht eine Art Bypass Filtration zwingend notwendig?

Absolut ja. Hydac bietet hierfür die Off-Line-Filter-Serie OLF15-60 an, deren Elemente polar aktiv sind und somit Varnish bereits im Entstehungsstadium abscheidet.

fluid: Ist Varnish auch ein Problem der Leistungsverdichtung in der Hydraulik und der verschärften Betriebsbedingungen?

Ja, dies trifft natürlich auch zu. Durch Simulation, genauer berechnete Auslegungen und so weiter haben die heutigen Anlagen höhere Leistungsverdichtung und Wirkungsgrad, oft aber auch eine höhere Belastung der Komponenten und des Fluids, was dann zu erhöhter Gefahr des Enstehens von Ölalterungsprodukten führen kann.

fluid: Varnish gefährdet sind vor allem kältere Anlagenteile. Warum ist das so und welche Komponenten sind besonders betroffen?

Varnish entsteht im Betrieb der Anlage, das heißt im betriebswarmen Öl und ist darin zunächst einmal gelöst. Damit kommt es eigentlich auch zu keinen auffälligen Problemen, zumal die Entstehung ein schleichender Vorgang ist. Die Probleme werden meist offensichtlich, wenn eine Anlage abgeschaltet, beziehungsweise anschließend wieder angefahren wird. Da das Lösevermögen dieser Stoffe mit sinkender Temperatur abnimmt, gehen sie dann vom gelösten in den ungelösten Zustand über und „schwimmen“ im Öl. Anschließend schlagen sie sich an kalten Stellen nieder, zum Beispiel am Kühler und Ventilblöcken. Unter anderem verblocken sie oft die Filterelemente der Anlage beim Wiederanfahren.

fluid: Ihre Firma bietet zur Abreinigung von Varnish zwei Konzepte an, die Varnish Mitigation Unit und die Filterelemente OLF- 15 bis 60. Wann sollte welche Lösung bevorzugt werden?

Die Varnish Mitigation Unit kommt zur Nebenstrom-Pflege von gebrauchten Turbinenölen und mit Varnish behafteten Komponenten zum Einsatz. Hier werden durch spezielle Harze die gelösten Ölalterungsprodukte absorbiert und damit das Öl und die ölbehafteten Flächen zum Beispiel von Gleitlagern gereinigt.

Die Filterelemente der OLF15 bis 60 Serie sind universell als Nebenstrom-Pflegeaggregate in Hydraulikflüssigkeiten einsetzbar. Sie enthalten Celluloseschichten, die polar aktiv sind und dadurch die gelösten Ölalterungsprodukte absorbieren. Sie verhindern so bereits bei Neuanlagen die Kettenreaktion der Varnishbildung.

fluid: Varnish kann über den MPC-Wert bestimmt werden. Bieten Sie diese Prüfung im Rahmen Ihrer Servicetätigkeit auch an?

Ja. Der MPC-Wert ist ein Farb-Kennwert einer Ölprobe und gibt einen Anhaltspunkt über den aktuellen Varnish-Zustand der Anlage wieder. Wir benutzen ihn unter anderem, um unseren Kunden eine Abschätzung der erforderlichen Pflegemaßnahmen und -kosten für ihre Anlage ermitteln zu können.

fluid: Die neuen Öle sind zinkfrei. Vermischen sie sich mit einem zinkhaltigen Öl, zum Beispiel beim Nachfüllen oder beim Ölwechsel ohne ausreichende Spülung, kann es zu einer Zinkausfällung kommen. Diese kann die ganze Hydraulikanlage lahmlegen. Welche Lösungen kann ein Filterhersteller diesbezüglich anbieten?

Wir empfehlen hier ganz klar die allgemein üblichen Prozeduren zum „Umölen“ einer Anlage, das heißt vollständiges Entleeren und gegebenenfalls Reinigen, Spülen mit einem geeigneten Spülöl, anschließend gefiltertes Befüllen und Feinfiltration im Nebenstrom, bis die geforderte Ölreinheit erreicht ist. Die Kontrolle kann mit optischen Partikelzählern gemacht werden, die eventuell vorhandene Ausfällungen ebenfalls erfassen, sodass das Öl als noch nicht sauber klassifiziert wird. do

Das Interview führte Helmut Winkler, freier Journalist für fluid

Technik im Detail

Verschiedene Arten von Hydraulikölen

Fast unbemerkt haben sich zwei Grundöle bei Hydraulikölen breitgemacht, die sogenannten ASTM-Öle Kategorie zwei und drei. Diese haben in einigen Punkten ein anderes Verhalten als die Rohöldestillate der Kategorie eins, die in der Vergangenheit fast ausschließlich verwendet wurden. Besonders signifikant sind die geringere elektrische Leitfähigkeit und das veränderte Alterungsverhalten. Hinzu kommt, dass die Grundöle der Kategorie zwei und drei zink- und aschefrei sind. Vermischen sich alt und neu beim Nachfüllen oder beim Ölwechsel, kommt es zu Zink-Ausfällungen.

 

 

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