Greifer

Die beiden GH7600-Schwerlastgreifer haben auch Schwergewichte unter den Flaschen im Griff. (Bild: Zimmer Group)

Pneumatik- und Hydraulikantriebe konkurrieren nur in wenigen Fällen miteinander. Doch es gibt Ausnahmen von dieser Regel. Ein Beispiel dafür ist eine Anlage, die Heitec Auerbach gebaut hat, ein Systemanbieter, der in den Bereichen Sondermaschinenbau, Automatisierung, Schaltschrankbau und Blechbearbeitung aktiv ist. Die pneumatischen Schwerlastgreifer wurden dabei auf Hydraulikantrieb umgerüstet. Kunde ist in diesem Fall die Gasitech Industrie-Gas-Handelsgesellschaft, die sich mit der Prüfung, Bearbeitung und Befüllung von Gasflaschen in Europa beschäftigt. Um möglichst viele Arbeitsschritte zu automatisieren, beauftragte dieses Unternehmen Heitec Auerbach damit, eine weltweit einmalige, robotergestützte Anlage zu planen und zu bauen.

Nach sechs Monaten war das Projekt fertiggestellt. Die Anlage bereitet eine Vielfalt unterschiedlicher Gasflaschen vollautomatisch auf. Darunter sind nicht nur Druckbehälter aus Handwerk, Industrie und Medizintechnik, sondern zum Beispiel auch für den Einsatz in Getränkeautomaten, in Brandlöschanlagen oder beim Brand- und Atemschutz.

Die Stahl- und Aluminiumflaschen werden über ein Ein-/Ausgaberondell in die Roboterzelle eingeschleust, das Platz für insgesamt 16 Behälter aller Formate bietet. Während sich das Rondell dreht und die Gasflaschen in die Reichweite der beiden Sechsachsroboter gelangen, wird zunächst die Höhe, der Durchmesser und die Kontur der Flaschen erfasst, um den Zugriffspunkt des Greifers festzulegen. Die zwei Sechsachsroboter übernehmen von da an die gesamte Handhabung der Flaschen, die auf mehreren Stationen in vollautomatischen Prozessen aufbereitet werden. Zunächst stellen die Roboter die Flaschen in eine Ausdrehstation ein, auf der die alten Ventile herausgedreht und zusammen mit den eventuell vorhandenen Steigrohren entsorgt werden.

Oft sind diese Ventile eingeklebt oder eingerostet, dann sind große Kräfte nötig, um sie zu bewegen. Dazu werden die Flaschenfüße in einem robusten Drehtisch eingespannt. Am Ventil setzt eine Spannvorrichtung an und fixiert das Ventil, während sich der Spanntisch dreht und so das Ventil ausschraubt.

Den Flaschenbauch festhalten

Bei Herausdrehen des Ventils braucht die Flasche allerdings eine mittige Stabilisierung, da die Spannvorrichtung für das Ventil keine Querkräfte aufnehmen kann. Für diesen Zweck haben die Entwickler einen Großhubgreifer des Typs GH6000 in die Ausdrehstation eingebaut. Der Greifer weist einen zusätzlichen Sonder-Luftanschluss an der Unterseite auf und ist mit vier Rollen ausgestattet, in denen die Flasche fixiert wird, sich aber drehen kann. Der Greifer hat die dafür erforderliche hohe Kräfte- und Momentenaufnahme bei langen Greifbacken. So ermöglicht er die Ausladung, die auf dieser Station benötigt wird, um auch Flaschen mit größeren Durchmessern mittig zu halten.

Nach dem Ausdrehen der Ventile werden die Flaschen in einer Entlackungsstation mechanisch gebürstet, um lose anhaftende Altlacke oder auch aufgeklebte Etiketten zu entfernen, die Flaschenbeschriftungen freizulegen und die Flaschen für einen nachgeschalteten Lackierprozess vorzubereiten. Auf weiteren Stationen werden die Ventilgewinde nachgeschnitten. Dabei macht die Anlage bei Bedarf auch alte Flaschendaten unkenntlich und beschriftet die Flaschen schließlich neu, ehe sie fertig aufgearbeitet von den Robotern wieder in das Ein-/Ausgaberondell überstellt werden und von dort zur Weiterverarbeitung gelangen. Auf diesen Bearbeitungsstationen sind drei GH76100/29 in Sonderausführung eingesetzt.

Sie weisen eine zusätzliche Begrenzung des Öffnungshubs auf 80 Millimeter auf, um sich in der kompakt gebauten Anlage nicht gegenseitig ins Gehege zu kommen. Die Gewindeschneidstation ist dagegen mit einem Großhubgreifer des Typs GH64100-B ausgestattet, der mit seinen großen Greifbacken die Flaschen während des Schneidvorgangs in Position hält.

Hydraulik erhöht Betriebssicherheit

Arbeitsstationen der Anlage

Die beiden Roboter bestücken die verschiedenen Arbeitsstationen der Anlage. Bild: Zimmer Group

Die gesamte Anlage ist auf einen hohen Durchsatz ausgelegt und mit Robotern bestückt, die mit großer Dynamik zu Werke gehen. Gasflaschen wiegen aber bis zu 80 Kilogramm; und wenn mitten in einer schnellen Schwenkbewegung eine Notabschaltung erfolgt, kommt es zu enormen Verzögerungen. Das führt zum Auftreten hoher Kräfte. Bei pneumatisch angetriebenen Greifern besteht in solchen Situationen die Gefahr, dass sie aufgedrückt werden und die betreffende Flasche verlieren. Die Entwickler entschieden sich daher für den Einsatz eines hydraulisch betriebenen Greifers, denn anders als Druckluft ist Hydrauliköl nicht kompressibel. Es verändert sein Volumen bei Druckänderungen nicht, und daher kann ein solcher Greifer auch nicht wieder aufgedrückt werden.

Die Wahl der Ingenieure fiel auf die Schwerlastgreifer der Baureihe GH7600 aus dem Lieferprogramm der Zimmer Group. Diese Greifer weisen eine hohe Greifkraft auf, die auch bei schweren Werkstücken eine sichere Handhabung erlaubt. Die Greifer verfügen über Schwerlast-Linearführungen, die auf hohe Momentbelastung ausgelegt sind. Nach Herstellerangabe ist damit ein Dauereinsatz mit über zehn Millionen Greifzyklen ohne Wartung möglich.

Für Zimmer ist es nicht die erste Umrüstung pneumatischer Greifer auf hydraulische Antriebe. Die Auswahl von geeigneten Dichtungsmaterialien hat hier einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensdauer des Systems, so die Erfahrung der Fachleute des Unternehmens.

Nach dem Umbau können die Greifer mit bis zu 80 bar Hydraulikdruck beaufschlagt werden und erbringen Greifkräfte bis zu vollen 15 Kilonewton, was mehr als ausreichend ist, um die Gasflaschen auch in einer Not-aus-Situation sicher handzuhaben. Die Greifkrafterhaltung bei Druckverlust oder Notabschaltung erfolgt über Druckhalteventile, die selbst beim Platzen eines Hydraulikschlauchs noch die Funktion des Greifers erhalten und so die Sicherheit der Anlage gewährleisten. do

Autor: Horst Stegmüller, für Zimmer Group

 

 

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