Die Arbeiten, und damit auch die Kompetenzen am IFD, sind breit gefächert. Sie erstrecken sich von Untersuchungen an einzelnen Komponenten über fluid-mechatronische Systeme und die Systemintegration hin zu neuen und energieeffizienten Antriebskonzepten“, sagt Prof. Dr-Ing. Jürgen Weber.
Zunächst zu den Arbeiten des Schwerpunkts Grundlagen/Methodik. Hier arbeiten die Dresdener Wissenschaftler ganz speziell an dem Thema Pumpen-Saugleitungspulsation. Die bisher nur unzureichend genaue numerische Modellierung der Saugleitungsströmung von Axialkolbenpumpen wurde unter Berücksichtigung der Fluid-Struktur-Interaktion erheblich verbessert. Dazu wurde eine Methodik entwickelt, mit der die Impedanzeigenschaften der Saugleitung, die Teilreflexion der Druckwellen sowie die Modellierung von Gas- und Dampfkavitation berücksichtigt werden können. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind dabei neben Materialkennwerten der Leitung und der Quantifizierung der freien Luft durch Visualisierung aber vor allem korrekte Stoffdaten der Hydraulikflüssigkeit. Da bisher veröffentlichte Stoffdaten zu unbefriedigenden Ergebnissen führten, mussten sie experimentell ermittelt werden.
Aber auch der thermo-energetische Haushalt fluidischer Systeme in Werkzeugmaschinen ist am IFD ein wichtiges Thema. Mit der Zielstellung, Genauigkeit, Produktivität und Effizienz von Werkzeugmaschinen zu verbessern, werden methodische Grundlagen erarbeitet, um die thermische Belastung und Balance von Werkzeugmaschinen positiv zu beeinflussen. Innerhalb des SFB Transregio 96 zur ‚Thermo-energetischen Gestaltung von Werkzeugmaschinen‘ werden dazu die thermischen und energetischen Eigenschaften und Wirkzusammenhänge in fluidtechnischen Komponenten von Werkzeugmaschinen erforscht. Im Zentrum steht die Entwicklung von Modellierungsgrundlagen sowie Simulationsmodellen zur Beschreibung der Energieaustauschvorgänge. Hierfür wurden wichtige Modellkennwerte aus experimentellen Untersuchungen an Werkzeugmaschinen als Gesamtsystem vermessen. Außerdem wurde ein Prüfstand aufgebaut und ausgewählte Komponenten untersucht, die im Weiteren mit numerischen Strömungsberechnungen (CFD) modelliert werden.
Ein interessantes Thema ist die Strömungsvisualisierung mit PIV und Shadowgraphie. Die numerische Vorentwicklung von strömungsmechanischen Fragestellungen in Ventilen und Pumpen kann nur abgesichert werden, indem Kavitationsmodelle an realitätsnahen Referenzfällen validiert und weiterentwickelt werden. Das wird nur erreicht, indem das Strömungsfeld und Mehrphasenanteile wirklich vermessen werden.
Dazu haben die IFD-Wissenschaftler neue optische Visualisierungs- und Messmethoden für interne Strömungen und Bewegungen im Milli- und Mikrometer-Bereich entwickelt. Mit optischen und sensorischen Messverfahren (PIV/LIF/Shadowgraphy, sowie piezoelektrische Druckaufnehmer) wurde die Strömung mit und ohne Kavitation detailliert vermessen und mit hervorragendem Ergebnis mit numerischen Berechnungen verglichen. Anwendung finden diese Verfahren in dem Projekt ‚Kavitationserosion und -verschleiß in ölhydraulischen Komponenten‘.
Lernende Regelalgorithmen in Spritzgießmaschinen
Nun aber zur Entwicklung einer neuartigen Apparatur zur Dosierung von Bio-Kraftstoffen: Strömungs- und Bewegungsvisualisierung wird in Dresden auch als Methode genutzt, um zu einem tiefen Verständnis der Ansaugvorgänge von Dosierpumpen zu gelangen und ist damit Grundlage von Optimierungsmaßnahmen. Bei allen Fördermedien werden dafür erforderliche Stoffwerte experimentell ermittelt. Die Steigerung der Energieeffizienz sowie eine hohe Fördergenauigkeit fluidtechnischer Komponenten sind wichtige Wettbewerbsaspekte im Automobilbereich. Die Dosierpumpe wird in Kraftfahrzeugen unter anderem dazu eingesetzt, die Zusatzheizung mit Kraftstoff zu versorgen.
Und als letztes Projekt innerhalb des Schwerpunkts Grundlagen/Methodik soll nur ganz kurz auf eine Ventilentwicklung auf Basis inverser Modellierung eingegangen werden: Die Gestaltung von Ventil und Aktor erfolgt dabei auf Basis von Zielkennlinien und inverser Modelle. Dafür ist es erforderlich, die Festlegung von Restriktionen zur Eingrenzung der mathematisch nicht mehr eindeutigen Lösungsräume zu nutzen.
Nun aber Projekte zum Schwerpunktthema Systementwicklung und Systemintegration. Untersucht wird der energetische Haushalt von hydraulischen Tiefziehpressen. Die Antriebstechnik von hydraulischen Tiefziehpressen bildet einen langjährigen Forschungsschwerpunkt am IFD, unter dem man sich mit zwei Themen aktuellen Herausforderungen stellt. Als Versuchsträger wird die neue hydraulische Tiefziehpresse mit einer Stößelnennkraft von 2500 kN und einem Vierpunkt-Ziehkissen verwendet.
Prof.- Dr.-Ing. Jürgen Weber erläutert: „Zum einen beschäftigen wir uns mit der umfassenden Analyse der Energieeffizienz von Pressenantrieben, welcher angesichts der Ressourcenverknappung und aktueller Gesetzgebungs- und Normungsaktivitäten eine hohe Bedeutung zukommt. Unter Berücksichtigung der Fertigungsgaufgabe und der Betriebseinstellungen wird eine systematische energetische Optimierung der gesamten Anlage durchgeführt.
Zum anderen wird das Systemmodell einer Mehrpunktzieheinrichtung mit einem FEM-Umformprozessmodell zur gekoppelten Simulation zusammengeführt, welche die Interaktionen zwischen Maschine und Prozess realitätsnah in einem gesamtheitlichen Simulationsmodell berücksichtigt. Dieses wird die achsspezifische Parametrierung der einzelnen Ziehkissenantriebe unterstützen, da sie in der Praxis eine große Herausforderung darstellt.“
In einem anderen Projekt geht man lernenden Regelalgorithmen in Spritzgießmaschinen nach. Zum Hintergrund: Bedingt durch Umgebungseinflüsse können sich die Übertragungseigenschaften technischer Systeme so verändern, dass die Nachführung von Betriebseinstellungen erforderlich wird. In zyklisch wiederkehrenden Prozessen wie bei Pressen und Spritzgießmaschinen können lernende Algorithmen vorausschauend eingreifen. So können Dynamik und Reproduzierbarkeit verbessert werden, ohne dabei die Stabilität der bereits installierten Regelung zu beeinflussen.
Energieeffizienz pneumatischer Systeme
Einen hohen Stellenwert nimmt in Forschungsprojekten die Energieeffizienz pneumatischer Systeme ein, insbesondere der energetische Vergleich verschiedener Antriebsvarianten bei der Lösung von Handhabungsaufgaben. Es wird eine Methodik für die domänenübergreifende Bewertung, Systematisierung und wirtschaftliche Auswahl von elektromechanischen und pneumatischen Antriebsstrukturen für Handhabungsaufgaben entwickelt. Dazu erfolgt ein energetischer Vergleich der Antriebslösungen und der Nachweis der Funktionalität der Methodik wird anhand von ausgewählten Beispielantrieben erbracht. Die Problemstellung resultiert daraus, dass in der Konzipierungsphase einer Anlage für die jeweilige Antriebsaufgabe oft nicht die wirtschaftlichste Antriebslösung ausgewählt wird.
Aktuell wurden im Projekt pneumatische und elektromechanische Antriebslösungen zusammengestellt und systematisiert. Weiterhin wurden die Grundlagen für den Vergleich der Antriebslösungen bei gleicher Funktionalität auf der Basis von Energieeffizienz und Kosten erarbeitet.
Koordinierende Rolle im Verbundvorhaben TEAM
Besonders stolz ist Prof. Dr.-Ing. Jürgen Weber auf die koordinierende Rolle des Instituts im Verbundvorhaben TEAM. Ziel ist die Entwicklung energieeffizienter Antriebe mobiler Maschinen. In einem Teilprojekt dieses Verbundvorhabens beschäftigt man sich mit dem Konzept eines grünes Radladers. Essentiell für den grünen Radlader ist die Entwicklung von Betriebsstrategien, um im Zusammenwirken der Subsysteme den energetischen Bestpunkt zu nutzen, ohne funktionale beziehungsweise operative Einbußen zuzulassen. „Die Identifikation von Subsystemen mit hohen Energieeinsparpotenzialen ist erfolgt und die Integration der Systeme in den Demonstrator ist derzeit in Arbeit“, betont Prof. Weber.
Ein weiteres Projekt an der TU Dresden ist Echtzeitsimulation für die Funktionserprobung von Antriebs- und Steuerungssystemen. Worum geht`s? In diesem Projekt widmet man sich der Problematik der Echtzeitfähigkeit von Simulationsmodellen im Kontext einer Hardware-in-the-Loop-Integration. Es werden Lösungsansätze erarbeitet, die den Anwender bei der Generierung geeigneter Modelle unterstützen. Ziel ist es den Prozess der Erprobung elektronischer Steuergeräte und deren Software effizient und ressourcenschonend zu gestalten.
Nun Details zu dem Projekt über die sicherheitsorientierte Zustandsüberwachung an elektromagnetisch betätigten Ventilen. Die Zielstellung dieses Forschungsprojekt ist die Nutzbarmachung inhärenter physikalischer Zusammenhänge des elektromagnetischen Umformers. Durch den Einsatz geeigneter Methoden wird aus den elektrischen Größen Magnetspannung und -strom auf die aktuelle Ankerposition geschlossen. Die durch diese sensorlose Positionsbestimmung generierten Informationen werden anschließend gezielt für die Fehlerdiagnose am Ventil verwendet. Eine solche Funktionsintegration kann beispielsweise auch im Automotive-Bereich von großem Nutzen sein.
Ein weiterer Schwerpunkt am IFD sind neuartige Antriebskonzepte und Komponenten. So werden beispielsweise Steuerungssysteme mit getrennten Steuerkanten untersucht. Für Systeme mit getrennten Steuerkanten werden strukturelle Umsetzungsmöglichkeiten ermittelt und die komplexen Zusammenhänge in Mehrgrößenschreibweise dargestellt. Damit ist es möglich, eine effiziente und einfache Steuerungsstruktur unter Nutzung von Regenerations- und Rekuperationsmodi zu entwickeln.
Die Entwicklung und Erprobung von sicherheitsrelevanten Referenzstrukturen für verschiedene Perfomancelevel steht im Fokus der Themenstellung über die Sicherheit mit getrennten Steuerkanten. Dabei müssen für entsprechende Ventilelemente mit getrennten Steuerkanten Minimalstrukturen angestrebt und weiterentwickelt werden, mit denen es gelingt, die funktionale Sicherheit zu garantieren.
Großes Engagement bei verdrängergesteuerten Antrieben
Ein reges Betätigungsfeld sind verdrängergesteuerte Antriebslösungen. Traditionell wurden energieeffizientere verdrängergesteuerte Antriebe am IFD für Spritzgießmaschinen entwickelt und werden derzeit an hydraulische Pressen adaptiert. Die Arbeiten werden außerdem auf den Mobilbereich (TEAM – Grüner Radlader) ausgedehnt, da dort ein erhebliches Einsparpotenzial nutzbar wird, das mit 15 bis 20 % Reduktion des Kraftstoffverbrauches beziffert werden kann. Hydraulische Kompaktachsen bieten bei gleichwertigem Wirkungsgrad wie elektromechanische Lösungen andere Stärken und konstruktive Gestaltungsmöglichkeiten. „Somit können sie, abhängig von der Anwendung, echte Alternativen oder auch konkurrenzlos sein“, sagt Prof. Weber.
Umfangreiche Parameterstudien
Die Zielstellung des Projektes ‚Analyse des Leistungspotenzials elektromagnetischer Aktoren‘ besteht darin, ausgehend von einer Analyse der aktuellen Leistungsfähigkeit pneumatischer Schaltventile durch die Untersuchung und Aufbereitung der Einflüsse aller wesentlichen Konstruktionsparameter das physikalisch-technische Leistungspotenzial des Elektromagneten aufzuzeigen. Mithilfe umfangreicher Parameterstudien konnten lohnenswerte Ansätze für Weiterentwicklung von Schaltventilen identifiziert werden. Beispielhaft wurde eine verbesserte Magnetstruktur als Demonstrator aufgebaut und deren gesteigerte Leistungsfähigkeit experimentell nachgewiesen. Neben der detaillierten Untersuchung von Gestaltungsprinzipien zur Erschließung von Leistungspotenzial sind neue fertigungstechnische Möglichkeiten, Toleranzeinflüsse und robustes Design weitere Herausforderungen.
Dass die IFD-Wissenschaftler breit aufgestellt sind, offenbart sich auch an den Analysen an einem hybriden Gleitlager für große Lasten und Antriebsleistungen. Die Propellerlager in Pod-Antrieben großer Schiffe sind, besonders beim Manövrieren im Hafen oder bei Eisbrechern, extremen Belastungen ausgesetzt. Konventionelle Wälzlager kommen dabei schnell an die Grenzen ihrer Lebensdauer. Ein neu entwickeltes Gleitlagerkonzept soll dank seiner Robustheit und guten Notlaufeigenschaften die Zuverlässigkeit der Propellerlager deutlich erhöhen und die Wartungsintervalle der Schiffe vergrößern. Im Verbundvorhaben HYDROS wurde gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie ein neuartiges, hochbelastbares Radialgleitlager sowie ein lastabhängiges Stromventil erfolgreich entwickelt, simuliert und am Prüfstand erprobt. Das Konzept birgt erhebliches Potenzial beispielsweise auch für Anwendungen im Windenergiebereich.
Autor nach Unterlagen des Instituts für Fluidtechnik der TU Dresden, www.tu-dresden.de/mwifd
Technisches Highlight 2013
Professor Jürgen Webers Favorit
Auf die Frage, was ihn denn in der Technikwelt im Jahre 2013 am meisten beeindruckt habe, antwortet Prof. Dr.-Ing. Jürgen Weber: „BMW bietet mit dem i3 ein vollelektrisches Auto, hauptsächlich für den individuellen Stadtverkehr, in Serie an. Mit dem i8 ist ein beeindruckender Sportwagen am Markt. Weit beeindruckender finde ich aber, dass dieselben Konzepte bei Lohner-Porsche schon vor 100 Jahren serienreif waren. Es bleibt spannend, wie sich die Entwicklungen im Kontext der heutigen Zeit behaupten werden.“