Messstand

Forschung am Vlies: Mit diesem Messstand untersuchten Wissenschaftler in Aachen die elektrostatische Aufladung von Hydraulikölen. (Bild: RWTH Aachen)

Am 26. Juni zogen die Wissenschaftler Bilanz und stellten Projektideen vor.

Murrenhoff

Professor Hubertus Murrenhoff befasst sich an der RWTH Aachen mit Forschungsthemen aus der Fluidbranche. Er ist im Oktober seit 20 Jahren Institutsleiter an der Universität und beteiligte sich in dieser Funktion an mehreren Projekten des Forschungsfonds Fluidtechnik. Bild: Redaktion / Franz Graf

Das Spektrum der Themen, mit denen sich der Forschungsfonds Fluidtechnik beschäftigt, ist bunt gemischt: Es reicht von der Lebensdauerprognose bei Hydraulikventilen, über Saugleitungsmodellierung einer Axialkolbenpumpe bis zum Einfluss der Oberflächenrauheit von Hydraulikstangen auf Reibung und Leckage. Die Forschergruppen präsentierten den aktuellen Stand, beziehungsweise die Ergebnisse ihrer Arbeiten am 26. Juni in Frankfurt.

Vorgestellt wurde beispielsweise ein Projekt zur elektrostatischen Aufladung von Hydraulikflüssigkeiten bei der Durchströmung von Filtern. Philipp Weishaar und Professor Hubertus Murrenhoff von der Universität Aachen forschten von 2011 bis 2014 an diesem Thema.

In der Ölhydraulik gehe der Trend zu zink- und aschefreien Flüssigkeiten, stellte Weishaar bei der Präsentation fest. Diese sind zwar besser für die Umwelt, allerdings laden sie sich stärker elektrostatisch auf, da sie weniger leitfähig sind. Besonders an Filtern kann ein großes Potenzial entstehen, das sich plötzlich entlädt. Diese „Blitze“ im Öl können den Filterelementen und dem Fluid schaden. Sie sind eine der Ursachen für das Knistern, das man in hydraulischen Systemen manchmal hören kann.

Die Forscher entwickelten zunächst ein Modell für die elektrostatische Aufladung an Filtern. Dabei unterschieden sie die Anströmung und die Durchströmung von Filtern. Außerdem bauten sie einen Sensor, mit dem sie die Ladung des Öls bei Betriebsdruck im Hauptvolumenstrom bestimmen können. Die Forscher wählten drei Stellen aus für die Messungen: Nummer eins befindet sich in der Saugleitung, um festzustellen, ob das Öl im Tank genug Zeit für den Ladungsausgleich hatte. Zwei und Drei sind um den Probenträger platziert, den die Forscher mit wechselnden Filtervliesen bestückten.

Versuche mit Vlies und Fluss

Intensiv befassten sich die Forscher mit Glasfaservliese, die sich lediglich in der mittleren Porengröße unterschieden, sodass ein direkter Vergleich dieses Vliesparameters möglich war. Für die Untersuchung wurden vier Betriebsparameter variiert: Temperatur, Druck, Volumenstrom und Gehäuseerdung. Bei der Temperatur wählten die Forscher mit 25 und 30 °C relativ niedrige Werte, da das Knistern meist im Anlauf zu hören ist, wenn die Hydraulik noch recht kühl ist.

Beim Druck testen sie zwölf und 50 bar, beim Volumenstrom sechs und 8,3 Liter pro Minute. Außerdem führten sie Versuche mit und ohne Gehäuseerdung durch. Weishaar und Murrenhoff kamen zu dem Ergebnis, dass Änderungen an Temperatur und Volumenstrom eine starke Wirkung auf die Aufladung haben, wohingegen Betriebsdruck und Gehäuse­erdung nur wenig beziehungsweise kaum Einfluss nehmen. Im Detail lädt sich das Öl bei höherer Temperatur weniger auf, während die Ladungsdichte mit dem Volumenstrom zunimmt. Darüber hin­aus ist die Ladungsdichte bei feinen Glasfaserronden geringer als bei groben Fasern.

Kavitation in Ölhydraulik vorhersagen

Die bekanntere Ursache für knisternde Hydraulik sind kavitierende Komponenten. Mit diesem Thema beschäftigte sich Christoph Siebert, der ebenfalls am Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen (IFAS) der Universität Aachen forscht. Ziel seines Projektes war, ein Mehrkomponenten-Kavitationsmodell für die Ölhydraulik zu entwickeln. Es soll Ingenieure helfen, bereits in der Entwicklungsphase Kaviatationsgebiete vorherzusagen.

Als Kavitation wird bezeichnet, wenn sich in einer Flüssigkeit Hohlräume bilden. Diese Blasen können Dampf des umgebenden Fluids enthalten oder Luft, die in der Flüssigkeit gelöst war. Das Phänomen tritt auf, wenn der statische Druck sinkt. Dies kommt an den Steuerkanten von Ventilen und Steuerkerben in Pumpen vor, wo die Strömungsgeschwindigkeit steigt.

Die Folgen können unerfreulich sein: Beispielsweise verringern die Luftblasen im Öl das Kompressionsmodul, wodurch sich im Zylinder der Druckaufbau verzögert und der Wirkungsgrad sinkt. Außerdem implodieren die Blasen teilweise und beschädigen dabei immer wieder Komponenten.

Ziel des Forschungsprojektes war es zunächst, einen Prüfstand zu entwerfen und zu bauen. Damit ermittelten die Forscher die Fluidparameter, die einen Einfluss auf die Kavitation haben. In einer Versuchsreihe verringerten die Wissenschaftler in einem geschlossenen Hydraulikzylinder den Druck, bis Luft ausgaste. Diese wurde anschließend abgesaugt. Nach mehrmaliger Wiederholung war das Öl frei von gelöster Luft.

Anschließend fügten die Forscher eine genau definierte Menge Luft hinzu und maßen über den Druck, wie viel Luft das Öl aufnehmen kann. Die Variation der Verfahrgeschwindigkeit zeigte, dass mehr Luft aus dem Öl austritt, wenn der Kolben sich schneller bewegt. Eine zweite Versuchsreihe an einer Blende widmete sich dem kegelförmigen Kavitationsgebiet, das sich hinter der Verengung bildet. Wenn der Differenzdruck steigt und somit auch höhere Geschwindigkeiten in der Strömung herrschen, wird dieses Gebiet größer.

Parallel zu den praktischen Tests führten die Forscher Vergleichssimulationen durch. Die Abhängigkeit des Volumenstroms von der Druckdifferenz an der Blende sagte die Simulation gut vorher. Im Blendenversuch aber waren die Kavitationsgebiete kleiner als berechnet. Die Forscher vermuten als Grund, dass sie bei den Simulationen Desorptions- und Absorption-Koeffizienten für Wasser verwendeten. Die Forscher haben daher eine Verlängerung des Projektes beantragt, um die Ölparameter zu verbessern.

Simulationen standen auch im Mittelpunkt einer Forschungskooperation der Universität Karlsruhe (KIT) und der TU Braunschweig. Sie beschäftigte sich mit dem Thema „Antriebsstrang mit Energierückgewinnung“. Die Forscher wollten einen Weg finden, in mobilen Arbeitsmaschinen mehr hydraulische Energie zu rekuperieren. Dabei gingen sie auch der Frage nach, ob es Sinn hat, die Maschinen mit einer entsprechenden Speichereinheit auszustatten oder nicht.

Da geht noch was

Demonstrator am KIT

Demonstrator am KIT: Das Hybridsystem des Teleskopladers bezieht Fahr- und Arbeitshydraulik mit ein. Bild: TU Braunschweig

Zwar gibt es bereits eine ganze Reihe von mobilen Maschinen, die Energie hydraulischer Aktuatoren zurückgewinnen und nutzen. Allerdings wird dabei in der Regel nur innerhalb eines Teilsystems Energie hin und her geschoben. Kombinierte Gesamtsysteme, die Fahr- und Arbeitshydraulik einbeziehen, könnten die Energieffizienz weiter steigern, so die Idee der Forscher. Dazu müssen allerdings Maschinenzyklus, Antriebsarchitektur und Steuerstrategie aufeinander abgestimmt sein.

Die Forscher arbeiteten mit einer Beispielmaschine, einem Teleskoplader, ihr Ziel war aber, eine Methodik zu entwickeln, die auch für andere Maschinentypen und deren Arbeitsprofilen funktionierte. Im ersten Teil der Arbeit näherten sich die Wissenschaftler der Aufgabe von der theoretischen Seite und erstellten ein Softwaretool, mit dem sich die Antriebsarchitektur abbilden lässt. Für einen gegebenen Maschinenzyklus gibt das Programm an, wie viel Energie im Idealfall zurück gewonnen werden kann.

Im zweiten Teil nutzten die Forscher die im Softwaretool erarbeitete Methodik, um einen Demonstrator aufzubauen und eine echtzeitfähige Komponentensteuerung und -regelung zu erarbeiten. Alle Leistungsflüsse des hybriden Systems waren im Rekuperationsbetrieb über ein zentrales Speicher-Rail miteinander verknüpft.

Stunde der Wahrheit auf dem Prüfstand

Die umgerüstete Maschine schickten die Forscher im konventionellen und hybriden Modus auf einen Allrad-Prüfstand am KIT. Die Maschine sparte im Hybrid-Betrieb etwa 16 Prozent Kraftstoff gegenüber dem konventionellen Betrieb.

Die Ergebnisse aus den Versuchen verglichen die Wissenschaftler anschließend mit den Werten, die das Softwaretool geliefert hatte. Fazit: Die Simulation mit einem einfachen quasistatischen Verlustmodell liefert zwar keine perfekte, aber eine ausreichend genaue Vorhersage. Die Forscher halten sie für geeignet, um während der Entwicklung zu einem frühen Zeitpunkt Systemarchitekturen und Betriebsstrategien zu vergleichen und zu bewerten.

Finale Runde für Forschungsideen

Im Anschluss an die Präsentationen entschieden die Mitglieder des Fonds über die Zukunft einer Reihe von neuen Forschungsvorschlägen. Zwölf Kandidaten hatten sich bei der Vorbewertung durch die Firmen qualifiziert. Befürwortet wurden letztlich die folgenden sieben Ideen:

  • Wassereinzug über Stangendichtungen;
  • Einfluss von Molekülstruktur und Additiven auf die Gleitlänge in der hydrodynamischen Schmierung;
  • Effiziente Versorgungseinheit für mobilhydraulische Systeme;
  • Nachweis der Funktionsfähigkeit eines Flachschieberventils mit Keramikkomponenten für die Hydraulik;
  • Betriebsbereichserweiterung hydrostatischer Komponenten für den Einsatz mit wasserhaltigen Druckflüssigkeiten;
  • Diagnosegerechter Entwurf elektromagnetischer Aktoren und
  • Antriebsstrang mit Energierückgewinnung – Weiterentwicklung der Methodik, Sensitivitätsanalyse und Entwicklung einer Methode zur regelbasierten Steuerstrategie.

Der Forschungsfonds finanziert allerdings nur einen Teil der Projekte aus eigener Tasche. Bevor sie loslegen können, müssen einige Wissenschaftler daher eine weitere Hürde überwinden und Forschungsmittel beantragen, etwa bei der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF).

Autorin: Dagmar Oberndorfer, Redaktion

 

 

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