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(Bild: © iredding01, Fotolia)

Kann man die Rohr- und Schlauchverbindungstechnik tatsächlich als einen Schwachpunkt der Hydraulik bezeichnen? Ist das gerechtfertigt? Die Fachmänner der fluid-Expertenrunde sind sich einig: Ja, das kann man. „Sie ist definitiv die Achillesferse der Hydraulik,“ erklärt Georg Rempel, Leiter Products and Services bei Voss Fluid. „Wenn das Öl irgendwo austritt, ist es immer an der Verbindungsstelle, an der Verschraubung.“ Peter Witt, Training Manager bei Parker, fügt hinzu: „Die negativen Konsequenzen undichter Verbindungen können bis zum Anlagenstillstand führen, was zu finanziellen Nachteilen führt. Hinzu kommen ökologische Probleme.

Dem pflichtet auch Andreas Laubsch, Key Account Manager bei Rauh Hydraulik bei: „Das Bild der Achillesferse passt sehr gut. Bei Überlastung zieht es etwas, aber wenn die Sehne reißt, dann tut es richtig weh!“ Auf die Hydraulik bezogen spielt Laubsch darauf an, dass ein Versagen einer Verschraubung hohe Schäden verurachen kann, bis hin zu Unfällen mit Todesfolge.

Rempel ergänzt: „Bei Leckagen wird dabei meist die Schuld bei der Verschraubung gesucht, aber das größte Problem ist am Ende die unzureichende Montage der Verbindungen.“ Und die wiederum, da ist sich Ralph Rehberger sicher, liegt oft an falscher Ausbildung. Rehberger ist Key Account Manager bei Hansa-Flex und weiß aus vielen Schulungen, die er gegeben hat: „Wenn die Leute gut geschult sind, setzen sie das in der Produktion eins zu eins um, und dann haben wir in der Endanwendung auch wenig Probleme mit Leckagen.“ Aber der Reihe nach. Denn zunächst bleibt die Frage, ob die Sache mit den undichten Rohr- und Schlauchverbindungen denn überhaupt ein so großes Problem ist.

Hydraulikumsatz im Inland

Nach einer VDMA-Studie von 2014 gehen nach Umsatz 20 % der Hydraulikkomponenten in die Baumaschinenbranche, 12 % in die Landtechnik. Mit weiteren 6 %, die in den Straßenfahrzeugbau gehen, sind mindestens 38 % der Komponenten mobil unterwegs – eine besonders hohe Belastung für die Verbindungstechnik ist hier zu erwarten. An dritter Stelle liegt mit 11 % die Fördertechnik, gefolgt von Werkzeugmaschinen (9 %). Kunststoff- und Gummimaschinen brachten 5 % Umsatzanteil. Weitere 37 % gehen in nicht näher spezifizierte sonstige Branchen. Der Gesamtumsatz der Branche in Deutschland lag 2014 bei 1,9 Mrd. Euro.

Kleine Teile, selten Probleme, große Auswirkung

Ist, um im Bild zu bleiben, die Achillesferse also oft gefährdet, oder sind Leckagen eher überbetonte Einzelfälle? Parker-Mann Peter Witt formuliert es so: „Ich denke, dass die Anzahl der schadhaften oder undichten Verbindungsstellen prozentual sehr niedrig ist. Wenn man sich eine große Anlage anschaut, da sind Hunderte von Verbindungsstellen, da leckt nichts. Wenn dann tatsächlich mal ein Schlauch oder eine Verbindungsstelle undicht wird, dann ist das genau dieser Punkt, auf den alle aufmerksam werden. Dass daneben Hundert weitere sind, die halten und funktionieren, das sieht man dann in dem Moment nicht.“ Ralph Rehberger ergänzt: „Wir werden ja oft dann zum Kunden gerufen, wenn etwas passiert oder wenn es gerade passiert ist. Und deshalb entsteht der Eindruck, dass es sehr häufig vorkommt. Aber es passiert auf die große Zahl der Verbindungen nur sehr selten etwas.“

Andreas Laubsch,
Andreas Laubsch, Rauh Hydraulik, (Bild: fluid)

Die Augen werden bei Schulungen groß, wenn man erklärt, wie die korrekte Montage einer Rohrverschraubung funktioniert.

Andreas Laubsch, Rauh Hydraulik

 

„Es hat schon eine Sensibilisierung im Markt stattgefunden“, sagt Rehberger, und führt weiter aus: „Im Maschinenbau steigen die Anforderungen, die Drücke werden höher, die Temperaturen steigen, die Bauräume werden enger. Gleichzeitig gibt es gesetzliche Regelungen: die BGR 237 im Rahmen der Betriebssicherheitverordnung beziehungsweise jetzt neu die DGV, die Druckgeräteverordnung.“ Ensprechend würden Mitarbeiter nun häufiger zu Schulungen geschickt. „Da sieht man oft die Fragezeichen in den Augen der Teilnehmer. Einige sagen ‚das habe ich gar nicht gewusst, obwohl ich schon 20 Jahre Hydraulik verschaube‘.“ Ein Verhalten, das auch Andreas Laubsch beobachtet hat: „Wenn man sieht, wie oft die Augen groß werden, wenn man erklärt, wie die korrekte Montage einer Rohrverschraubung wirklich funktioniert, dann wundert man sich fast, dass im Endeffekt so wenig passiert.“

fluid Crossmedia
Eine Videoaufzeichnung der kompletten Gesprächsrunde finden Sie am Ende des Beitrags.

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