Kommen wir auf Ihre Komponenten zu sprechen. Ihre Sicherheitsventile sind selbstüberwacht und es wird kein weiteres Diagnosebauteil benötigt. Wie funktioniert das?

Frank Schweers: Die Sicherheitsventile verfügen über einen redundanten Aufbau. Die Selbstüberwachung wird durch eine pneumatische Überkreuzansteuerung der Ventile und integrierte Sicherheitsschalldämpfer umgesetzt. Dadurch benötigen sie keine zyklische Überwachung beziehungsweise Auswertelektronik, wodurch sich Kostenvorteile bei größtmöglicher Sicherheit ergeben. Wir erfüllen damit die Norm DIN EN ISO 13849, Kategorie 4, Performance Level e. Ein Beispiel hierfür ist die Baureihe SCVA.

Wichtig ist, dass die Sicherheitsventillogik auf dem Grundsatz „keine elektrische Überwachung“ basiert und das ist eigentlich das, worum es uns geht. Dadurch reagieren unsere Sicherheitsventile deutlich schneller als herkömmliche Ventile mit Stellungsüberwachung, weswegen unsere Ventile häufig in Pressenanwendungen eingesetzt werden. Dort geht es um kurze Reaktionszeiten und damit geringere Nachlaufwege und Nachlaufzeiten. Hier kann man als eines von vielen Einsatzbeispielen auch Roboteranwendungen nennen. Viele Roboter haben vorne am Arm ein Werkzeug integriert, das pneumatisch betrieben wird und in dem Moment, in dem die Schutztür, die den Roboter vom Menschen trennt, geöffnet wird, muss das System sicher entlüftet werden. Das ist der Klassiker, wenn wir von Roboteranwendungen sprechen.

Frank Schweers,
Frank Schweers, (Bild: IMI Precision Engineering)

 

 

"Speziell kleinere und mittlere Maschinen- und Anlagenbauer stehen extrem unter Druck und haben Schwierigkeiten, den Anforderungen der Maschinenrichtlinie in vollem Umfang nachzukommen", sieht Frank Schweers, IMI Precision Engineering.

Ist bei einer sicheren Bauweise eine Beratung zur funktionalen Sicherheit überhaupt notwendig?

Georg Königs: Speziell bei der Auswahl der passenden Sicherheitsfunktion zu den jeweiligen Gefährdungen werden wir häufig um Unterstützung gebeten. Und da es sich um komplexe Sicherheitsanwendungen handelt, bleibt der Beratungsbedarf weiterhin hoch.

Frank Schweers: Hinzu kommt, dass die Lebensphasen – wie Wartung und Reparatur – nicht immer die richtige Beachtung finden. Statistisch passieren gerade dabei die meisten Unfälle.

Mit Ihren selbstüberwachenden Ventilen sind Sie schon mehrere Jahrzehnte am Markt vertreten, wie hat sich die Technik im Laufe der Zeit verändert?

Frank Schweers: Zunächst muss man sagen: Die Technologie in dem Ventil ist ausgereift. Das haben uns auch die einschlägigen Organe für Arbeitssicherheit wie die Berufsgenossenschaft bestätigt. Mit der Berufsgenossenschaft stehen wir in sehr engem Kontakt. Die Sicherheitsventile wurden durch sie validiert und daraufhin patentiert. Technologisch nähern wir uns Grenzen, die es zu durchbrechen gilt, um mehr Raum für Verbesserungen zu schaffen. Kundenanforderungen aus der jüngsten Vergangenheit, die Ventile kompakter und vom Gehäuse her kleiner zu bauen, sind wir natürlich nachgekommen. Am Design und an der Montagefreundlichkeit besteht ebenfalls noch Verbesserungspotenzial. Zum Beispiel ermöglicht der modulare Aufbau die Integration in Wartungseinheiten.

Alexander Dederer,
Alexander Dederer, (Bild: IMI Precision Engineering)

 

 

"Zukünftig sollen Ventile ihren eigenen „Gesundheitszustand“ mithilfe von Sensorik selbst überwachen können", so die Vorhersage von Alexander Dederer, IMI Precision Engineering.

Was halten Sie von Online-Konfiguratoren in diesem Zusammenhang? Widersprechen sich Sicherheitstechnik, die Fachwissen verlangt, und selbstständiges Konfigurieren nicht?

Georg Königs: Das hängt davon ab, ob es sich um eine sicherheitsrelevante Anwendung handelt oder nicht. Außerhalb sicherheitsrelevanter Anwendungen machen Konfiguratoren unbedingt Sinn und erleichtern den Anfrage- und Bestellprozess. Sprechen wir von sicherheitsrelevanten Anwendungen, wird tiefes Fachwissen benötigt und es besteht die Gefahr der Falschauslegung mit einem Online-Konfigurator.

Frank Schweers: Das sehe ich auch so: Zum Projektieren einer normalen Steuerung kann ein Online-Konfigurator sicherlich nützlich sein. Bei der Bewertung einer sicheren Steuerung sind komplexe Daten erforderlich, wie etwa die Taktrate eines Zylinders, der Hubweg oder die Gefahrenüberlagerung. Die dafür geeignete sichere Steuerung kann ein Programm nur begrenzt abschätzen.

Ganz allgemein: Kommen neue Anforderungen auf die Pneumatik zu, etwa durch die Industrie 4.0 oder wenn man sich den Bereich der Mensch-Roboter-Kollaboration anschaut?

Alexander Dederer: Die neuen Anforderungen gehen in die Schnittstelldefinition zur Einbindung in die elektrischen Steuerungen. Mit der Auswertung und Verarbeitung von Schaltzyklen hat die Pneumatik die Möglichkeit der vorausschauenden Wartung und die Verbesserung der Sicherheitskonzepte. Das bedeutet, zukünftig sollen Ventile ihren eigenen „Gesundheitszustand“ mithilfe von Sensorik selbst überwachen können und selbstständig Meldung geben, dass zeitnah ein Ausfall droht und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen sind. In dieser Hinsicht macht die Entwicklung gute Fortschritte.

Technik im Detail: SCVA10

Das elektropneumatische 3/2-Wege-Si­cher­heitsventil der Baureihe SCVA Baugröße zehn Millimeter mit Excelon Interface verfügt über einen redundanten Ventilaufbau. Das eigensichere Doppelventil-Steuersystem mit dynamischer Selbstüberwachung garantiert den höchstmöglichen Diagnosedeckungsgrad von 99 Prozent entsprechend DIN EN ISO 13849, ohne dass zusätzlich extern zu platzierende Diagnosebauteile notwendig sind. Weiterhin erfordert diese sichere Bauweise keine zusätzliche Auswertelektronik sowie keine Intervall-Tests beziehungswesie zyklischen Schaltungen. Bei entsprechender Applikation erreicht diese Ventilserie für die Sicherheitsfunktionen „Sichereres Be- und Entlüften“ (restdruckfrei) den Performance Level „e“ (Kategorie 4) nach DIN EN ISO 13849, DGUV-zertifiziert. Ein hoher B10-Wert steht für eine lange Lebensdauer bis zum notwendigen vorbeugenden Austausch (T10d-Wert) der Ventile. Über das Excelon Interface ist eine direkte Adaptierung an Wartungseinheiten der Serien Excelon 73/74 möglich.

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