Stephan Neuwirth,

Was Anwender heute begeistert, ist die einfache und flexible Einsetzbarkeit von Komponenten, so die Erfahrung von Stephan Neuwirth. (Bild: SMC)

Mit welchen Innovationen im Bereich der Pneumatik und Vakuumtechnik lassen sich Anwender heute begeistern?

Auf jeden Fall damit, dass mit einem hohen Maß an Funktionalität viele Optionen mit nur einem Produkt erschlagen werden. Nehmen Sie beispielsweise eine Netzwerkanbindung, bei der ich mir keine Gedanken machen muss, mit welchem Protokoll ich sie ansteuere und welchen Controller ich verwende. Ich würde hier auch die immer kleiner werdenden Bauteile nennen. Auch die Wartungsfreundlichkeit kommt gut an – ob das Predictive Maintenance oder Industrie 4.0 ist.

Was glauben Sie, wie sich die Pneumatik in den nächsten fünf Jahren entwickeln wird?

Das ist schwierig abzusehen, tendenziell gibt es eine Verschmelzung der Pneumatik und der Mechanik mit der Elektrik. Was den Hype um die Industrie 4.0 angeht, so kann ich sagen, dass das für uns nichts Neues ist. Es gibt schon lange Sensoren; es gibt schon lange die Aktuatoren dazu. Und jetzt verbindet man diese miteinander und baut adäquate Netzwerke auf. Dann archiviert man die Daten, führt sie zusammen und macht entsprechende Analysen. In diese Richtung wird es schon gehen.

EX600-W,
Das EX600-W lässt sich drahtlos ansteuern. (Bild: SMC)

Der Trend in der Pneumatik, davon gehe ich stark aus, ist auch der Weg, den wir eingeschlagen haben als Unternehmen, in Richtung kleiner, leichter, effizienter: Die Maschinen müssen kleiner werden, die Maschinen müssen schneller laufen, sie müssen höhere Taktzahlen erreichen. Noch immer ist der Robotik-Hype und das Thema künstliche Intelligenz aktueller denn je. Dabei müssen selbstverständlich die physikalischen Gesetze betrachtet werden: Beispielsweise ist bei der Montage einer Ventilinsel zu beachten, dass diese nicht zu schwer sein darf, wegen der Fliehkräfte und Vibrationen. Setzen wir jedoch kleinere Ventilinseln oder Aktuatoren ein, bilden diese mit geringerer Druckmenge gleiche Druckkräfte ab.

Und natürlich: die auf neudeutsch genannte Predictive Maintenance, also die Vorausschauende Wartung. Erfahrungswerte zeigen: Nach einer Schaltzahl von 1,5 Millionen muss das Ventil gewartet werden. Die Service-Zeiten werden anhand dessen eingetaktet, was die Maschine sagt. Aber es kommt nicht nur darauf an, wie oft sich der Zylinder rein und raus bewegt hat, sondern eine Auswertung gibt an, unter welchen Konditionen der Zylinder arbeitet. Das sind beispielsweise Temperatur und Druckverläufe in dem System, abhängig von der Applikation.

Neu bei SMC

Ein Blick voraus

Im Rahmen einer Presseveranstaltung im September 2018 zeigte das Unternehmen unter anderem eine Ventilinsel mit integriertem Feldbusknoten für die drahtlose Datenübertragung. Es stellt sich hier die Frage, der man sich auch beim Hersteller bewusst ist, ob beziehungsweise wann die Maschinenbauer sich von der vertrauten Kabellösung trennen. Mit der Versteigerung der 5G-Frequenzen im Frühjahr 2019 und dem folgenden Netzausbau eröffnen sich neue Möglichkeiten, beispielsweise für das autonome Fahren. Vielleicht gehen von diesen Entwicklungen ja auch Impulse für den Maschinen- und Anlagenbau aus. Zu sehen war auf der Veranstaltung außerdem der Prototyp eines Iso-Zylinders mit Energierückgewinnung, der demnächst als Serienprodukt verfügbar sein soll.

Wie weit verbreitet ist dieses Vorgehen momentan?

In der Praxis hat sich diese Vorgehensweise bereits bewährt, obwohl wir uns noch im Anfangsstadium befinden. Es handelt sich um spezifische Applikationen, die mit dem Kunden genau durchgesprochen werden müssen, damit sichergestellt ist, dass sich das wirklich lohnt. Der Nutzen muss allerdings immer mit den Kosten beziehungsweise dem Return on Investment im Einklang stehen.

In welchen Branchen oder Technologiebereichen sehen Sie Wachstumschancen für die Pneumatik?

Für die Pneumatik allgemein bieten sich zum Beispiel in der Medizintechnik sicherlich Ansatzpunkte. Für SMC sehe ich jedoch auch in den Bereichen Life Science, Food und Electronic nach wie vor große Chancen, um weiterhin Wachstum zu generieren.

Die Pneumatik als Technik wird allerdings insgesamt rückläufig sein und der Anteil der elektrischen Bauteile steigen.

Wie sieht es in der Verpackungstechnik aus?

Die Verpackungstechnik ist für uns von großer Bedeutung. Als Zugpferd der Branche ist diese in ganz Deutschland aufstrebend und speziell in Süddeutschland sind große Steigerungen zu verzeichnen. Die Getränkeindustrie ist hierzulande ebenfalls von großer Bedeutung. Die Bevölkerungsanzahl steigt, wir brauchen abgefüllte Getränke. Hier ist es wichtig, dass wir neue und zukunftsweisende Technologien entwickeln. An dieser Stelle ist die Pneumatik nach wie vor ein Thema. Die Firmen prüfen sehr genau, ob sie elektrische oder pneumatische Komponenten einsetzen können oder wollen.

In welchen Bereichen ist die Hinwendung zur Elektromechanik besonders stark – ich denke beispielsweise an die Greif- und Spanntechnik?

Ja, aber auch hier kommt es darauf an, in welcher Branche Sie sind. In der Automobilproduktion ist man wieder zurück auf die pneumatische Zange gegangen. Denn es hängt hier ganz stark davon ab, welche Kräfte man heben und schweißen muss, sowie welche Drücke zu berücksichtigen sind. Die Entscheidung, ob elektrische oder pneumatische Komponenten eingesetzt werden, ist individuell zu treffen. Zu beachten ist auf jeden Fall auch, welche elektrischen Felder auftreten können und welche Auswirkungen dies auf die benachbarte Elektronik hat.

Wenn Sie auf die ersten drei Quartale des Jahres 2018 zurückblicken: Was waren die wichtigsten Ereignisse oder Innovationen für die Pneumatikbranche?

Hier ist auf jeden Fall die Ventilinsel zu nennen, die wireless angesteuert wird. Darin sehe ich eine bedeutende Innovation. Sie werden nicht viele Produkte am Markt finden, die so sicher agieren. Weiterhin möchte ich das Marktwachstum allgemein anführen. Das hat uns natürlich geholfen, unsere Ziele zu erreichen. Die Prognose für 2019 stellt eine etwas rückläufige Marktentwicklung in Aussicht. Das sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht als gegeben. Kunden, mit denen ich im Gespräch bin, bestätigen im Großen und Ganzen volle Auftragsbücher. Wir sind breit aufgestellt und in vielen Branchen aktiv. Da bin ich optimistisch.

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