Aktuator,

Regelkreise, die den Materialfluss in Tiefziehprozessen steuern, können bisher nur zwischen zwei Hüben eingreifen. Der Eingriff erfolgt auf Basis von Messungen am Vorgängerteil oder von Materialeigenschaften vor dem eigentlichen Umformprozess. Das am Institut für Umformtechnik in Stuttgart neu entwickelte Verfahren ermöglicht hingegen einen Steuerungseingriff während des Tiefziehhubes. Die verwendete Führungsgröße ist die Bauteilwandbeanspruchung und die Regelgröße ist die Blechhalterkraft, die durch die Verwendung des segment-elastischen Blechhalters als Aktuator manipuliert wird. (Bild: IFU)

Herr Professor Liewald, wie sehen aktuell die technologischen Trends in der Blechumformtechnik aus?

Elektrische Direktantriebe für Umformpressen sind im Kommen. Nicht allein wegen der Mediensubstitution, sondern weil sich in der Pressentechnik unter bestimmten Umständen verfahrenstechnisch starre mechanische Antriebslösungen besser eignen als hydraulische. Benötigen wir jedoch große Wege mit konstanten hohen Kräften, wird ein hydraulischer Antrieb immer die bessere Wahl bleiben. Für Zulieferer im Bereich Blechumformung bieten hydraulische Pressen zudem Vorteile, weil sie bezüglich Bauraum, Presskraft-Charakteristik und ihrer Anpassbarkeit an den Umformprozess flexibler sind. Dank neuer Steuerungen und Ventiltechnik ist deren Funktionalität in den letzten Jahren deutlich besser geworden.

Und wie sieht das in der Massivumformung aus?

Beim Schmieden von Aluminiumpressteilen für Großserien in der Automobilindustrie findet mittlerweile eine Verlagerung von mechanischen Schmiedepressen mit Antriebsschwungrad zu Spindelpressen statt, weil diese noch steifer sind und kürzere Druckberührzeiten aufweisen. Es fehlt ihnen zwar an Flexibilität, aber Automobilhersteller wissen in der Regel genau, welche Teile sie über einen langen Zeitraum ihrer Modellpolitik produzieren. Zulieferer für Aluminiumschmiedeteile sind auch hier wegen der größeren Flexibilität mit hydraulischen Pressen besser bedient.

Professor Matthias Liewald,
Wir brauchen 500 bis 600 bar, die normale Werker sicher handhaben können, für höhere Energiedichten.“ Professor Matthias Liewald, (Bild: IFU)

Welche Rolle spielt die Digitalisierung?

Die vier wesentlichen Größen hydraulischer Achsen für Industrie 4.0 sind Drücke, Wege, Schwingungen im Antriebsstrang und die Temperatur. Heute schreiben wir diese Werte selbst in sehr modernen Systemen in temporäre Ringspeicher, ohne die Daten weitergehend zu nutzen. Die neuen BDE-Systeme beginnen jetzt, Maschinen zu vernetzen und mehr Speicherkapazität zur Verfügung zu stellen, um größere Fertigungszyklen protokollieren und analysieren zu können. Die Frage ist jedoch, was mit diesen Daten passiert und wem sie gehören? Daran forschen wir aktuell.

Wie lässt sich der Umformprozess weiter optimieren?

Wir können in der Umformtechnik, das heißt, im Werkzeug und in der Presse prinzipiell mehr hydraulische und elektrische Achsen unterbringen als zum Beispiel in Zerspanungsmaschinen. Dadurch können wir sich andeutenden Verschlechterungen des Produkts oder des Prozesses besser entgegenwirken. Wir müssen aktuell Lösungen und Antworten liefern, was wir aus den protokollierten Daten alles lernen können. Beispielsweise könnten wir dem Konstrukteur bei der Beurteilung helfen, welche Bauteilgeometrie unter welchen Prozessparametern fertigungstechnisch darstellbar ist. Und wir müssen zukünftig Prozesse im Sinne einer Null-Fehler-Strategie noch enger führen als heute.

Was können Hydrauliker zur weiteren Entwicklung beitragen?

Wir fragen die Hydrauliker, wann geht es weiter in Richtung höhere Drücke? Wir brauchen circa 500 bis 600 bar, die normale Werker sicher handhaben können, das heißt, höhere Energiedichten für neue Aktuatoren in Umformwerkzeugen. Das erfordert thermisch stabile Öle und ein tieferes Verständnis, was sich im Ventil abspielt, um genauer steuern und regeln zu können. Wir brauchen die entsprechenden Zylinder, Schläuche, Rohrleitungen und Verbinder für solch hohe Drücke. Nur so können wir langfristig die zusätzlich notwendigen Achsen im Werkzeug unterbringen. do

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