Werkzeugmaschine,

Ein völlig neuer Ansatz in der Metallbearbeitung: Die „mobile Maschine“, entwickelt von Wissenschaftlern des IFW Hannover, soll als autonomer Werkzeugroboter die Bearbeitung großer Werkzeuge und Bauteile vereinfachen, indem sie diese direkt vor Ort präzise bearbeitet. (Bild: Picum-MT)

Professor Denkena, scheinbar beschäftigen sich Werkzeugmaschinenhersteller nur noch mit Industrie 4.0 und Digitalisierung – täuscht der Eindruck?

Auf alle Fälle bemühen sich alle Werkzeugmaschinenhersteller, Daten aufzunehmen und gezielt auszuwerten, um den Betrieb der Maschinen noch wirtschaftlicher zu gestalten.

Darüber hinaus gibt es jedoch den Trend zur Komplettbearbeitung. Bauteile sollen möglichst in einer Maschine und von sechs Seiten fertig bearbeitet werden. So finden zunehmend Schleiftechnologien Eingang in klassische Dreh- und Fräsmaschinen, um bestimmte Qualitäten überhaupt noch herstellen zu können. Dies führt auch zum vermehrten Einsatz von Nullpunkt-Spannsystemen, wenn sich ein Maschinenwechsel nicht vermeiden lässt.

Zudem möchte man die Einrichtzeiten reduzieren. Allerdings ist die Programmierung nicht so einfach, weshalb sich auch bei der NC-Programmierung viel tut. Dabei treten neben rein geometrische zunehmend technologische Aspekte, beispielsweise um das Abdrängen von Werkzeugen vorbestimmen und auszugleichen zu können.

Ein weiteres Thema ist die Energieeffizienz.

Erhebliche Anteile des Energieverbrauchs gehen auf den Bereich Kühlung und Schmierstoffe zurück. Wenn wir diese Medien bedarfsgerecht zuführen, lassen sich bis zu 50 Prozent Energie einsparen. Dieser Trend setzt sich leider aufgrund der immer noch sehr billigen Energie nicht richtig durch. Wir benötigen aber auch noch mehr Wissen, wie viel Kühlung ein Prozess wirklich braucht! Es ist in Ansätzen vorhanden, muss aber weiter ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang ist mir das Thema Klima besonders wichtig. Gerade im Fluidbereich lässt sich noch einiges tun, um das Zwei-Grad-Klimaziel zu erreichen.

Professor Berend Denkena,
Professor Berend Denkena ist Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Universität Hannover und Präsident der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP). (Bild: IFW)

Weiterentwicklungen scheinen sich auf Peripherie und Prozess zu konzentrieren. Hat die Mechanik von Werkzeugmaschinen die Grenze des Machbaren erreicht?

Die Maschinen werden schon noch immer genauer. Einige Hersteller integrieren - eigentlich entgegen dem Ziel, Energie einzusparen - zusätzliche Kühlsysteme, um Längenänderungen durch Wärmeeintrag zu verhindern. Vor allem Veränderungen beim Hochfahren der Maschine sollen so minimiert und die Maschine thermisch stabil gehalten werden. Zusätzliche Kühlkreisläufe werden in Führungen, Kugelgewindespindeln usw. eingebaut.

Was tut sich bei den Präzisionswerkzeugen?

Die klassische Makrogeometrie beim Werkzeugschleifen reicht heute nicht mehr aus. Die Werkzeughersteller präparieren zunehmend gezielt die Schneidkante wenige Mikrometer um die Schneide herum und investieren in entsprechende Anlagen. Damit lassen sich die Standzeiten noch einmal bis zu 100 Prozent und mehr erhöhen, insbesondere bei wechselnden und schlagenden Belastungen. Beschichtung bringen im Vergleich vielleicht noch einmal 20 Prozent. Gemeinsam mit anderen WGP-Kollegen und Industrieverbänden forschen wir am IFW jetzt daran, die Schneidkante so zu gestalten, dass sie durch eine Art Verschleißnasen selbstschärfend wird.

Was bedeuten all diese Entwicklungen für die Fluidik?

Es gibt zwar immer wieder Lösungen, um zum Beispiel hydraulische Spannsysteme durch pneumatische oder elektrische zu ersetzen. Aber sie haben sich bisher nicht durchgesetzt, weil sie im Vergleich zu teuer sind. Zudem weisen Hydraulikzylinder eine unschlagbar hohe Kraftdichte auf. Man beherrscht die Technik sehr gut, und sie ist vergleichsweise preiswert herzustellen.

Neue Möglichkeiten ergeben sich durch Sensor- und Datenübertragungssysteme. Zum Beispiel ist interessant, bei Spannsystemen an der Stelle, wo Druck oder besser Kraft aufgebracht werden muss, ihn oder sie auch messen und die Signale aus der Maschine bringen zu können - das ist ein großes Thema für die Fluidik-Hersteller.

Wir haben zum Beispiel gemeinsam mit der Firma Römheld bei einem Schwenkspannsystem Mess-Streifen auf die Außenhaut der Spannzylinder aufgebracht haben und so Hublage und Spannkräfte nach Höhe und sogar Richtung gemessen. Solche Sensorik für Hydraulikzylinder bietet in Verbindung mit gezielten Auswertungen ganz neue Möglichkeiten.

Ein weiteres wichtiges Thema, an dem wir derzeit forschen, ist das Messen der Auflagekräfte und der Belastung von HSK-Werkzeugen. Man versucht hierfür, Kraftmesselemente in die Spitze der Arbeitsspindel zu integrieren. Verknüpft mit geeigneter Datenauswertung wird dies zukünftig ganz neue Betriebsmöglichkeiten von Werkzeugmaschinen erlauben. do

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