Injektionsgerät,
Injektionsgerät für intradermale Verabreichungen von Medikamenten: Realisiert wurde das Klasse-IIa-Medizinprodukt von Hahn-Schickard gemeinsam mit seiner Medizintechnik-Ausgründung Verapido Medical. (Bild: Hahn-Schickard/B. Müller)

Die Miniaturisierung ist ein weiterer wichtiger Trend in der Medizintechnik, wie auch KUZ-Mann Michaelis anmerkt: „Neue Kunststoffverarbeitungstechnologien und deren Weiterentwicklung eröffnen neue Möglichkeiten, beispielsweise der Mehrkomponentenspritzguss von Thermoplasten bzw. die Kombination von unterschiedlichen Werkstoffen wie Thermoplast und Keramik, die konturnahe Werkzeugtemperierung für das optimale Fließverhalten von Thermoplasten sowie die Herstellung von Formteilen mit Schussgewichten bis ein Milligramm.“ Den „unaufhaltsamen“ Trend zur Miniaturisierung bestätigt MDX-Chef Grün, weshalb sich sein Unternehmen auf das Mikrospritzgießen von Devices für Health-Care-Applikationen konzentriert. Beispiele aus der MDX-Produktpalette sind ein Bauteil mit nur einem Milligramm Gewicht für ein Medical Device oder ein Disposable für die Diagnostik mit einer Düse von 100 µm zum Dosieren von Flüssigkeiten im Nanoliter-Bereich.

Disposables hält auch Dr. Karl-Peter Fritz von der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung vor allem aus Hygienegründen für eines der zentralen Zukunftsthemen. Solche Einwegprodukte müssen extrem kostengünstig sein, weshalb „die Kunststofftechnik ein sehr interessantes Mittel ist“. Solche Kunststoffe müssen nicht nur sterilisierbar und biokompatibel, sondern möglichst auch funktionalisierbar sein. Eine Möglichkeit bildet das Aufbringen gedruckter Strukturen. Kunststoff kämpfe zwar immer noch mit dem Vorurteil, nicht so maßhaltig wie Stahl oder Glas zu sein, „aber aufgrund des Kostendrucks im Disposable-Markt ist der Kunststoff ganz stark im Kommen“ – Stichwort Point-of-Care-Diagnostik. Dr. Tobias Grözinger von Hahn-Schickard: „Wir arbeiten an einem Projekt, bei dem die bisher eingesetzte Folientechnologie durch Spritzguss ersetzt werden soll.“ Genauer gesagt: Spritzprägen, denn der Spritzguss wird mit einem Prägeprozess kombiniert. Dadurch sollen auch kleinste Mikrostrukturen auf größeren Flächen abgebildet werden können.

Dr. Karl-Peter Fritz,
(Bild: Hahn-Schickard)

Aufgrund des Kostendrucks im Disposable-Markt ist der Kunststoff ganz stark im Kommen.

Dr. Karl-Peter Fritz, Hahn-Schickard

Auf ein interessantes Phänomen, das nichts mit Technik zu tun hat, macht Dr. Michael Baßler, beim Fraunhofer-Institut ICT-IMM für Analysesysteme und Sensorik zuständig, aufmerksam. So sinnvoll die Point-auf-Care-Diagnostik erscheint, ihr stehen im Moment noch die Abrechnungsmodelle im Krankenhaus, aber auch beim Arzt, im Weg. Denn diese gehen bevorzugt von einem Zentrallabor aus. Für Tests an anderen Orten gibt es schlicht eindeutigen Abrechnungsregelungen. Im Nachbarland Niederlande sei dies beispielsweise in der Eingangskontrolle von Krankenhäusern bereits Standard, um bestimmte Patientengruppen vor der Aufnahme auf multiresistente Keime zu untersuchen. Das ICT-IMM beschäftigt sich vor allem mit mikrofluidischen Bauteilen, um medizinische Anwendungen zur miniaturisieren. Schwerpunkte sind einerseits die Nukleinsäurenanalytik, um beispielsweise multiresistente Keime erkennen zu können, andererseits alle Arten von biologischen Zellen, vor allem zirkulierende Tumorzellen. Baßler: „Für beide gilt, dass es uns gelingt, die wesentlichen Funktionalitäten in spritzgegossenen Einwegbauteile umzusetzen.“ So baue man beispielsweise für die Suche nach multiresistenten Keimen oder spezifischen Krankheitserregern eine Kartusche auf, die alle Funktionen für die Probenvorbereitung und Messung integriert.

Compamed – Zukunftswerkstatt der Medizintechnik

Die internationale Fachmesse für die medizinische Zuliefererbranche und Produktentwicklung Compamed findet in diesem Jahr vom 13. bis 16. November 2017, jeweils von 10 bis 18 Uhr, in zwei Düsseldorfer Messehallen (8a und b) statt. Über 750 Aussteller aus 40 Ländern zeigen auf mehr als 11.000 Quadratmetern Standfläche Produkte, Materialien und Dienstleistungen der medizinischen Industrie. Interessant für Spritzgießer sind vor allem die Bereiche Bauteile, Komponenten und Teilprodukte für medizinische Geräte sowie Mikrosystemtechnik und Nanotechnologie. Der Verband IVAM organisiert das Compamed High-Tech-Forum 2017 und den Produktmarkt „Hightech for Medical Devices“ in Halle 8a. Parallel findet die Medica statt, das „Weltforum der Medizin“. Sie ist die internationale Fachmesse für Medizintechnik, Elektromedizin, Krankenhaus- und Praxiseinrichtung, Laborausstattung, Diagnostika und Physiotherapie mit zahlreichen Foren und Konferenzen. Im letzten Jahr besuchten 127.800 Gäste aus 135 Nationen die Medica, 19.000 von ihnen auch die Compamed.

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