Wenn viele Sensoren an Bord einer Landmaschine sind und viele Daten gesammelt werden, dann müssten die Sensoren am besten schon intelligent sein und vorsortieren. Sonst ist die Datenmenge einfach zu groß…
Man kann in diesem Zusammenhang vier verschiedene Instanzen diskutieren. Steht zum einen beispielsweise nur eine limitierte Rechnerleistung zur Verfügung, dann muss man sich im Vorfeld Gedanken über die Sensoren machen, also wie diese angebunden sind, was die Sensoren an Datenmengen zur Verfügung stellen, wie diese Datenmengen von ihrer Datenqualität aussehen und was die tatsächlichen Inhalte sind. Mit diesen Informationen kann dann im Vorfeld die Datenmenge vorgefiltert werden. Da ist es natürlich wünschenswert, dass die Sensoren selber schon so intelligent wie möglich sind und diese Vorverarbeitung durchführen, um im Umkehrschluss die Datenmengen so klein wie möglich zu halten. Dies zeigt auch direkt die Dimension und Tragweite dieser Thematik auf: Die zunehmende Digitalisierung der Maschinen erzeugt immer mehr Daten.

Wie geht man mit diesen Datenmengen auf den Arbeitsmaschinen um? Wie kommunizieren die Arbeitsmaschinen untereinander? Die Aufbereitung von Informationen kann natürlich zentral auf einer Maschine passieren; kann aber auch dezentral über einem Maschinenverbund verteilt sein. Dazu ist jüngst ein Forschungsprojekt unter anderem mit STW gestartet. Das vom BMBF geförderte Projekt AMMCOA beschäftigt sich unter anderem damit, dass in einem Maschinenschwarm untereinander sehr hohe Datenmengen ausgetauscht werden und diese Datenmengen auch verarbeitet werden müssen. Man möchte diesen Maschinen eine On-Bord-Unit zur Verfügung stellen, die genügend Computing Performance aufweist, um diese anlaufenden Daten verarbeiten zu können.

Wie lange läuft dieses Projekt und welche Themen werden dort adressiert?
Das Projekt läuft insgesamt drei Jahre und endet zum 31.März 2020. Ein eminent wichtiger Teil dieses Projektes ist die Weitbereichsanbindung per WAN an das Internet und die hochbandbreitige Kommunikation via 5G Dienste. Damit soll das Thema taktiles Internet auf Maschinenschwärmen zugängig gemacht werden. Taktiles Internet bedeutet, dass auf die von der Maschine aus gestartete Anfrage eines Bedieners an das Internet die Antwort ohne spürbare Latenz erhalten wird.Das bedeutet für den Bediener eine völlig neue Art der Internetanbindung und daraus erwachsenden Perspektiven.

Können Sie einige dieser Perspektiven nennen?
Die in dem Forschungsprojekt erarbeitete Technologie kann in Zukunft dazu genutzt werden, um beispielsweise Maschinen als Zwischenschritt auf dem Weg zur Vollautonomie über das Internet fernbedienbar zu machen. So muss in Zukunft der eigentliche Operator gar nicht mehr auf der Maschine vor Ort sein, sondern kann sich von einem beliebigen Ort weltweit über das Internet latenzfrei aufschalten und diese steuern. Das eröffnet zudem die Perspektive, dass die Operator-Assistenzsysteme nicht mehr vollumfänglich auf der Maschine abgebildet werden müssen, sondern auch hier vernetzte Architekturen zugrunde liegen und benutzt werden können. Der nächste Schritt wäre dann über diese Operator-Assistenzfunktionen auch Echtzeitanwendungen möglich zu machen, so dass man sich von außen auf die Maschine aufschalten kann, um den Operator bei Problemen zu helfen.

Gleichzeitig wird auch als weiterer Zwischenschritt zur Vollautonomie darüber nachgedacht, dem Operator in den Maschinen weitere Interaktionsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, wie zum Beispiel die Aufbereitung von externen Informationen über beispielsweise Head-Up-Displays. Dann könnte man zusätzliche Informationen über seinen Arbeitsprozess in den Sichtbereich einspiegeln, bis hin zu Augmented- oder Virtual-Reality-Anwendungen. Aber für beide Themen gilt genauso wie für die Vollautonomie, dass der Zeithorizont für eine entsprechende Einführung nicht vor 2025 sein wird.

Ist denn der Mensch in der Anwendung ersetzbar?
Auch wenn 2030 die Vollautonomie Einzug in die Welt der Landmaschinen hält, wird der Mensch trotzdem nicht verschwinden. Nach meiner Wahrnehmung wird es aber zu einer Verschiebung der Aufgaben kommen. Der Mensch wird sich noch mehr als bisher mit elektronischer und softwareseitiger Wartung der Maschine auseinandersetzen müssen. Bei den einfacheren Aufgaben wird es dazu kommen, dass der Mensch nicht mehr auf der Maschine vorhanden sein muss oder auch nicht mehr bei der Steuerung der Aufgaben beteiligt ist. Es wird jedoch nach wie vor viele Aspekte geben, und das auch gerade im Bereich der Landwirtschaft oder Forstwirtschaft, die sich nur vom Menschen abbilden lassen, da es Maschinen auf absehbare Zeit nicht gelingen wird, die Fülle an komplexen Aufgaben zu übernehmen. Diese wird auch weiterhin der Mensch wahrnehmen und ausfüllen.

Zur Person

Nach seinem Studium der Lasertechnik (Dipl.-Ing. FH) und der angewandten Physik (M.Sc.) hat Stefan A. Lang sieben Jahre für das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik in Wachtberg gearbeitet. Seit 2016 ist er bei der Sensor-Technik Wiedemann in Kaufbeuren aktiv und nimmt dort die Funktion des Abteilungsleiters für Systeme & Lösungen wahr. Zu seinen Aufgaben gehören unter anderem die Pflege des Systemportfolios und dessen kontinuierliche Weiterentwicklung. Im Fokus seiner Arbeiten stehen beispielsweise Operator Assistenzsysteme, mit denen die Bediener von mobilen Arbeitsmaschinen beim Handling der komplexen Arbeitsprozesse unterstützt werden.

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